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Vorwort

Dieses jüdische Gedenkbuch erinnert an die in Saarbrücken und im Saarland lebenden Jüdinnen und Juden, informiert über ihre Geschichte und ihre Bedeutung in unserer Gesellschaft und über das ihnen zugefügte Leid. Es ermöglicht das namentliche Gedenken an die Opfer des Holocaust und bietet umfassende Recherche- und Informationsmöglichkeiten zu Biografien, Hintergründen und historischen Zusammenhängen. Es ist zugleich Bekenntnis einer gelebten Erinnerungskultur.  

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Mitten im Leben und ihrer Zeit voraus -  Jüdinnen und Juden standen im ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre mitten im Leben und waren vielfach ihrer Zeit voraus, indem sie etwa früher als andere Innovationen erkannten und umsetzten. Dies beweist auch die Geschichte der Juden in Saarbrücken und es verdeutlicht zugleich, um was sich Deutschland selbst durch den Holocaust beraubt hat.  Jüdische Männer und Frauen hatten wesentlichen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung von Saarbrücken seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, bereicherten das kulturelle Leben und wirkten als Ärztinnen und Ärzte oder Rechtsanwälte. Die große Mehrheit arbeitete als Angestellte. Umso bewegender ist es, dass nach 1945 Überlebende des Holocaust trotzdem zu uns zurückkamen, auch in Saarbrücken wieder eine jüdische Gemeinde gründeten und hier 1951 im Kontext der Geschichte des halbautonomen Saarlandes der erste Synagogenbau nach dem Zweiten Weltkrieg entstand.

Ein Bekenntnis gegen das Vergessen - Das Gedenkbuch versteht sich auch als Wertschätzung der Opfer und ihres Leides. Es ist ein Bekenntnis für die Ewigkeit, dieses Leid niemals zu vergessen. Für Jüdinnen und Juden hat der Name eine herausragende Bedeutung. Im Talmud heißt es: „Denn am Anfang des Lebens wird uns ein Name gegeben, und am Ende des Lebens ist alles, was wir mitnehmen, ein guter Name“. Die NS-Diktatur hat allen jüdischen Menschen das Lebensrecht abgesprochen, wollte sie weltweit ausrotten, ihre Geschichte aus dem Gedächtnis auslöschen und machte so auch vor Synagogen, Gräbern, Denkmälern und Erinnerungsorten nicht halt. Das Ziel war die vollständige Auslöschung jüdischer Biografien.  

Ein Bildungsangebot - Dieses Gedenkbuch bietet mit seiner Datenbank und seinen Kontextinformationen Schulen und Universitäten, aber auch der Heimatforschung und allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, mit Blick auf das Saarland und Saarbrücken jüdisches Leben zu recherchieren und für ihren Ort und ihre Stadt auf Spurensuche zu gehen. Berücksichtigt wurden Juden, die in Saarbrücken und im Saarland gelebt haben, in ihrem Leben hier Station machten und in den Quellen Spuren hinterlassen haben. Der Kreis wird dabei sehr weit gefasst. Das Saargebiet der Völkerbundzeit (1920-1935) ist nicht identisch mit dem heutigen Saarland (ab 1957). Teile des Kreises Merzig-Wadern gehörten seinerzeit zum Kreis Trier-Saarburg, Teile von St. Wendel mit beispielsweise Sötern und Bosen zum Kreis Birkenfeld. Eine nicht unerhebliche Zahl von Jüdinnen und Juden lebte zudem nur kurze Zeit im Saargebiet. Auch diese Personen werden dokumentiert, weil bei ihrer Erfassung nicht auszuschließen ist, dass sich später Bezüge zu weiteren im Saarland lebenden jüdischen Personen ergeben.

Ein laufender Prozess - Das Gedenkbuch versteht sich als laufender Prozess. Es ist kein grundsätzlich abgeschlossenes Projekt, sondern ein linear weiter zu entwickelndes. Das entspricht dem Bekenntnis und der Verpflichtung zur dauernden Erinnerung. Zugleich stärkt es die Funktion des Gedenkbuches als Angebot der historisch-politischen Bildungsarbeit. Da nur personenbezogene Daten von Personen angezeigt werden, bei denen die Schutzfrist des Saarländischen Archivgesetzes bereits abgelaufen ist, werden mit dem Start des Gedenkbuches Jahr für Jahr mehr Informationen zugänglich werden. Die Datenbank will quellenbasierte Recherchen nach dem aktuellen Wissensstand ermöglichen. Neu gewonnene Informationen, erforderliche Korrekturen  sowie Ergänzungen und Hinweise der Nutzerinnen und Nutzer werden ebenso wie neue Forschungsergebnisse in die zahlreichen Kontextinformationen in den nächsten Jahren kontinuierlich mit eingearbeitet werden. Die Erfassung der Opfer markiert eine große Herausforderung. Juden wurden von der deutschen Bürokratie und Bürokratien anderer Länder, in die sie flohen, erfasst. Daraus erklären sich abweichende und fehlerhafte Schreibweisen, etwa von osteuropäischen Familiennamen, aber auch französisierte Namensbildungen. Dies kann zu Verwechslungen und zur Doppelerfassung führen, die es auszuschließen gilt.       

Zur Nutzung des Gedenkbuchs und der Kontextinformationen - Die Datenbank ermöglicht unter anderem die Suche nach Namen und Orten. Sie basiert auf zugänglichen Quellen des saarländischen Landesarchivs und hier des Bestandes Landesentschädigungsamt, diverser Bestände des Stadtarchivs Saarbrücken und einer Reihe online zugänglicher Datenbanken. Das Stadtarchiv hat diese Informationen zusammengeführt.    

Ein Projekt und seine Geschichte - Im Rahmen der Erstellung des Mahnmales zum Gedenken an die ermordeten Jüdinnen und Juden im Saarland vor der Synagoge in Saarbrücken leistete das Stadtarchiv umfangreiche Forschungen.  Sie bildeten die Basis für das Gedenkbuch und das umfassende Informationsangebot, das das Stadtarchiv weiter entwickelte. Nur mit der großzügigen Förderung im Rahmen des Projektes „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von NEUSTART KULTUR“, ein Programm  der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, konnte dieses  Projekt realisiert werden.  Dafür möchten wir herzlich danken. 

Uwe Conradt - Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken