Kurt Julius (gen. Jules) Stiefel

State:
Surviving
Gender:
male
Maiden name:
Not known
So called:
Jules
Alias:
-
Date of birth:
07. Mai 1921
Birthplace:
Residence:
Place of persecution:
Date of death:
07. Oktober 2012
Deceased in:
LEA file number:
9762, 11440, 11441
Spouse:
Date and place of marriage:
Not known
Mother:
Father:
Siblings:
Children:
Not known
*Hidden due to legal regulations

Vita

(LEA) 11440: Schüler; Buchhändler
Stiefel, Kurt Julius, geb. 07.05.1921 in Karlsruhe, Schüler, 1936 Emigration über Luxemburg nach Frankreich mit den Eltern, 1941 - 1944 unter falschem Namen im französischen Arbeitsdienst, 1964 Remigration ins Saarland
Wohnort als Antragsteller Saarbrücken
(JSe) 1921 geboren. Die Familie lebte damals in Bruchsal, wo sie eine Zigarrenfabrik betrieb. Als diese der Weltwirtschaftskrise zum Opfer gefallen war, zog die Familie nach Saarbrücken, wo der Vater als Tabakwarenvertreter arbeitete
vom Gymnasium verwiesen, zwei Lehrstellen verloren
29.02.1936 Emigration, Eltern erwarben Textilgeschäft in Saint-Étienne, dort Schulbesuch
Medlung zum Chantiers de Jeunesse, einem staatlichen Arbeitsdienst, im Isère eingesetzt, jüdische Herkunft verborgen
Eltern verhaftet, über Drancy nach KL Auschwitz, ermordet
1944 unter Verheimlichung seiner Herkunft in die Garde Républiquaine eingetreten, in Paris überlebt
nach der deutschen Kapitulation als Besatzungsgendarm in Österreich
Buch- und Zeitschriftenvertrieb in Sarreguemines
später nach Paris, wo er in der Reisebranche arbeitete
1968 heiratete er die Tochter einer Saarbrücker Familie, die ebenfalls im französischen Exil überlebt hatte. So kam er zurück. Das Ehepaar Stiefel hat einen Sohn, der in Frankreich lebt. (S. 13)
(JSe) Ich bin im Mai 1921 in Karlsruhe auf die Welt gekommen. Ich hab zwar nie in Karlsruhe gewohnt, aber meine Mutter kam in der Landeshebammen-Lehranstalt nieder. Zu der Zeit wohnten wir in Bruchsal. Meine Eltern und Großeltern hatten Zigarrenfabriken. Die Stiefels stammen aus Menzingen, heute Dreisstahl. Ihre Anwesenheit in Menzingen lässt sich bis kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg zurückverfolgen. Mütterlicherseits stamme ich aus der Pfalz. Meine Mutter ist in Niederhochstadt bei Landau geboren. Meine Jugend verbrachte ich in Bruchsal, bis zur Weltwirtschaftskrise 1929. Da wurde weniger geraucht – aus pekuniären Gründen – und die Zigarrenfabriken mussten mehr oder weniger schließen. 1930 kam ich nach Saarbrücken, mit meinen Eltern, besuchte hier die Oberrealschule, bis zur Machtergreifung des Führers 1933. 1934 ging ich von der Oberrealschule ab. Der Klassenlehrer sagte mir: „Stiefel, für Sie ist kein Platz hier an der Schule.“ Ich ging dann noch ein Jahr auf die jüdische Volksschule, und 1935, nach der Abstimmung, bereiteten wir unsere Emigration nach Frankreich vor. (...)
Ja, wir waren gläubige Juden. Ich machte 1934 im April meine Bar Mitzwah in der Synagoge bei Rabbiner Rülf. Am Sabbat hatten wir die Gewohnheit, in die Synagoge zu gehen, Freitagabend und Sabbatmorgen sowie zu den Feiertagen. Freitagabend wurde bei uns daheim Kiddusch gemacht. Die Feiertage wurden alle streng gehalten. (...)
1935 verließ ich die jüdische Schule und fing eine Lehre als Bäcker an, bei Albert Kauf in der Mainzer Straße – existiert nicht mehr. Die Bäckerei belieferte den Großmarkt in Saarbrücken, und um 5 Uhr morgens fuhr ich mit dem Rad die Brötchen dahin. Zu dieser Zeit wurde der Backofen noch mit Kohle geheizt, Brikett, und es war keine sehr saubere Arbeit für die Lehrlinge. Nach acht Tagen sagte mir Albert Kauf: „Juden können wir nicht behalten!“, und schickte mich wieder heim. Ich suchte mir dann eine andere Stellung, und
zwar als Kochlehrling im Ratskeller. Den ersten Tag, den ich dort verbrachte, hatte ich die Aufgabe, Zwiebeln zu schälen. Ich schälte einen ganzen Tag Zwiebeln, und man kann sich vorstellen, wie meine Augen abends aussahen. Als ich mich am nächsten Morgen zur
Arbeit begab, wurde mir mitgeteilt, dass ich wieder heimgehen könnte. „Wir können keine Juden brauchen“, wurde mir mitgeteilt. Das war meine Erfahrung in Saarbrücken zur Lehre. Am 29. Februar 1936, der letzte Tag, der nach dem Römischen Abkommen zur Auswanderung möglich war, wanderten wir aus. Mein Vater suchte einen point de fuite in Frankreich, und meine Mutter und mein Bruder und ich gingen für drei Monate nach Luxemburg. Mein Vater fand dann die Möglichkeit, ein Geschäft in Saint-Étienne an der Loire zu kaufen, Konfektionsgeschäft, und wir zogen daraufhin nach Saint-Étienne. (S. 43-44)
(JSe) zeitweilig in Villard-de-Lans
freiwillig zum französischen Arbeitsdienst Les Chantiers de Jeunesse gemeldet
nach Autrans (Isère) einberufen
zur Garde Républicaine nach Paris gemeldet, Caserne de Louraine, Boulevard de Port Royal, 13. Bezirk, April bis August 1944 (s. 86-88)
(EMV) Steinhübel 4, 66123 Saarbrücken St.Johann
(Todesanz. SZ 11.10.2012) ehrenamtliches Mitglied in verschiedenen Gremien unserer Gemeinde und auch als langjähriger jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes e.V.

Notes

[Sohn von Stiefel, Albert [LEA 9769] und Stiefel, Rena. Geborene Isaac am 31.10.1889 [LEA 9762]]
Wohnort als Antragsteller Saarbrücken
(RS) Vater Albert Stiefel 23.02.1886 Menzingen, Karlsruhe, Baden – 31.07.1943 KL Auschwitz
Mutter Rena Renate Stiefel geb. Isaac 31.10.1889 Niederhochstadt, Pfalz – 31.07.1943 KL Auschwitz
Bruder Max Jonathan Stiefel 02.04.1924 Karlsruhe, Baden – 25.08.1998
Ehefrau Eva Stiefel geb. Lehmann 17.04.1927 Saarbrücken
LEA 11440: Hinweis auf Antrag des Geschädigten nach seinen in der Deportation verschollenen Eltern Stiefel, Albert und Stiefel, Rena geb. Isaac