Fischel Simon (gen. Philipp) Frommer
Vita
(RS) Heirat 20 Nov 1913 Homburg, Saarpfalz: Johanna Oppenheimer (1878–1953)
Remarques
(RS) Vater Seid Frommer
Mutter Rifka Frommer geb. Majam
Ehefrau Johanna Frommer geb. Oppenheimer 1878–1953
Sohn NN Frommer 1921–1921
Biographie
(SZ) Um die Ecke im heutigen Pizza- und Nudelhaus [in Homburg] wohnten die Familien Oppenheimer und Frommer. (...)
Ihre [Friederika Oppenheimers] Schwester Johanna hatte den aus Tarnopol, heute in der Westukraine gelegen, nach Homburg ausgewanderten Buchbinder Fischel Simon Frommer, genannt Philipp, geheiratet. Sie hatten zwei Söhne: Franz, der das Maler- und Anstreicherhandwerk erlernt hatte, und Oskar, Kaufmann von Beruf. Die Familie lebte ebenfalls im Elternhaus der Mutter am Marktplatz 15. Philipp Frommer betrieb dort neben dem Kolonialwarengeschäft seiner Schwägerin Friederike eine Papier- und Zeitschriftenhandlung samt Buchbinderei und Bildereinrahmungswerkstatt.
Bereits im Sommer wurde ihr Schaufenster mit roter Farbe zugestrichen. Frommer vermutete einen Racheakt seitens der NSDAP-Ortsgruppe, weil er die regimekritischen Zeitungen „Deutsche Freiheit“ und „Volksstimme“ auslegte.
(Q: Saarbrücker Zeitung, 26.01.2023)
(SZ) Die dem Völkerrecht unterstellten Saarländer erhielten aufgrund der „Römischen Verträge“ Sonderrechte insofern, als ausreisewilligen Personen auch nach der Rückgliederung des Saargebietes zu Nazideutschland im März 1935 eine Frist von einem Jahr gewährt wurde, in der sie Deutschland verlassen konnten, erklärt Britz. Die Verträge liefen im März 1936 aus „und die gab es nur im Saargebiet“.
Philipp und Johanna Frommer zogen daraufhin mit ihren Söhnen Franz und Oscar am 31. Januar 1935 nach Straßburg. Im Möbelwagen nahmen sie Teile ihrer Wohnungseinrichtung mit. „Philipp nennt es später „Wegzug“, nicht „Flucht“, wie auf dem Stolperstein. Erst in Straßburg wurden ihnen kurz vor dem Wegzug fast sämtliche Möbel geraubt, allerdings nicht von Deutschen“, betont Hans-Josef Britz.
Zunächst arbeitete Philipp Frommer in einer Straßburger Fabrik, danach zog die Familie weiter nach Süden, und Frommer arbeitete bis 1940 in einem Sägewerk mit Kohlenhandlung in Villefranche in der Dordogne. In Bordeaux konnte er sogar wieder sein erlerntes Handwerk als Buchbinder ausüben, bis im November 1942 deutsche Truppen aufgrund der Kollaboration des „Vichy-Regimes“ unter Marschall Petain in das bisher unbesetzte Südfrankreich gelangten und für die vierköpfige Familie die eigentliche Flucht begann.
Frommer berichtet: „Wir flüchteten aus Angst vor Razzien der Nazis und vor der Deportation in ein Lager in die Wälder von Villefranche, wo wir ein illegales Leben in menschenunwürdigen Verhältnissen führten.“ Sein Sohn Oscar nennt es später „Hetzleben“.
Er führt aus: „Nachdem deutsche Truppen im November 1942 auch die vorher unbesetzte Dordogne besetzten, begannen die Razzien…im selben Maße, als die Widerstandsbewegung ‚Forces francaises de l’intérieur‘ (FFI) sich in den nahen Wäldern organisierte. Aus diesem Grunde war mein Vater gezwungen, sich im Wald zu verstecken. Da in dieser Zeit die Juden keine Lebensmittelkarten erhielten, war der Hunger ständig zu Gast. Dies war sein tägliches Leben bis zur Befreiung Frankreichs.“
„Obwohl die Bürger von Villefranche wussten, dass die Familie auf Gemeindeterrain ein elendes Dasein fristete, half ihnen niemand, sie waren bis zur Befreiung Frankreichs 1944 auf sich selbst angewiesen. Ihr fast übermenschlicher Mut und Lebenswille retteten sie“, berichtet Britz weiter, „dennoch hatten diese Jahre Auswirkungen auf Philipps Gesundheit: ein schwerer Herzfehler und ein Nervenleiden. Immerhin wurden die Oppenheimers und Frommers nach dem Krieg entschädigt; beide Familien zogen wieder in ihr Haus Ecke Marktplatz/Klostergasse. Eugen und Friderike starben hier und sind auf dem jüdischen Friedhof beerdigt. Die Frommers wanderten später nach Frankreich aus.“
Q: Saarbrücker Zeitung, 08.11.2023