Zysa (gen. Süssel) Gostinski (Orbach)

Status:
Überlebend
Geschlecht:
weiblich
Geburtsname:
Gostinski
Genannt:
Süssel
Alias:
-
Geburtsdatum:
15. Mai 1895
Geburtsort:
Wohnort:
Ort der Schädigung:
Todesdatum:
25. September 1980
Signatur LEA:
9819, 9174
Ehepartner:
Hochzeit:
Nicht bekannt
Mutter:
Nicht bekannt
Vater:
Nicht bekannt
Geschwister:
Nicht bekannt
Kinder:
*Aufgrund rechtlicher Bestimmungen ausgeblendet

Vita

(LEA) Orbach, Shaja; geb. im November1890 in Batiak/ Polen; y1919 nach Saarbrücken, dort im Lumpen- und Rohprodukte-Geschäft ihres Mannes tätig, 1936 Rückkehr nach Lodz mit ihren Kindern, 1939 Auswanderung nach Israel mit Hilfe des Palästinaamtes
Geschäftsfrau; Köchin
Wohnort als Antragsteller Jerusalem
wh. Jerusalem/Israel, Bakala 1/109 Haberen Rod. 92
wh. Katamon, Shikun Amani, Amidar, Block 31
(Gewerberegister Riegelsberg) Orbach, Zysa
#624 Riegelsberg, Hahnenstr. 7, Lumen- u. Eisenhandel, 11.05.1925 – 20.11.1925
#771 wie vor, Weiß- und Kurzwarengeschäft, 28.12.1926 – 15.06.1928
#1027 wie vor, Textilien, Weißwarenhandel, 24.05.1929 – 21.08.1929, Gewerbe nicht ausgeübt
(LEA) 9174: Die Ehefrau mit den 5 Kindern fuhr im Nov. 1936 nach Triest, hatte dort jedoch Schwierigkeiten bei der Besorgung der Papiere für die Überfahrt nach Palästina. Der Ehemann blieb vorerst in Lodz und sollte nach Palästina nachkommen, wenn die Frau für ihn dort eine wirtschaftliche Existenzmöglichkeit gefunden haben wird.
Die 4 ältesten Kinder wurden nacheinander durch die Jugend-Alijah nach Palästina geschickt.
Die Mutter mit der jüngsten Tochter konnte erst im Sept. 1939 nach Palästina einreisen.
(LEA) 9174: Bescheid vom 29.03.1967 wegen Schadens im beruflichen Fortkommen:
Anspruch auf eine lebenslängliche Rente seit 01.01.1960
nachzuzahlende Summe DM 19.689.--
laufende Rente DM 273.-- ab 01.03.1967
Bescheid vom 31.05.1868:
nach dem verstorbenen Ehemann Shaja Orbach wegen Schadens am Leben
ab 01.07.1968 monatliche Witwenrente in Höhe von DM 364.--
Rentennachzahlung in Höhe von DM 29.830.--
Kapitalentschädigung in Höhe von 14.280.--
(RS) Heirat 1917 Lodz, Polen: Jewish wedding
Schaja Jesaia Felix Orbach (1890–1944)
Heirat 30.08.1924 Saarbrücken: Schaja Jesaia Felix Orbach (1890–1944)
(Mk Sohn) Gostynska Zysa 15.05.1895 Lodz
StA: Polen
von G.O.
08.10.1922 Krumme Gase 11
18.12.1922 Kappengasse 8
19.02.1923 Blumenstr. 47
10.07.1923 Hohenzollernstr. 114
verh. 30.08.1924 mit Jesaias Orbach, geb. 23.04.1890 Gradowo
(HZ) 1932-562 Orbach geb. Gostinske Zyssa Fr. Schaja 15.05.1895 Lodz Polen, Pol., verheiratet, isr, Ehefrau
wh. Saarbrücken, Ebersteinstr. 7
Abschiebung 17.03.1932, durch Rev. 1 Folz
Am 17.03.1932 um 17– Uhr entlassen auf Veranlassung P.B.

Bemerkungen

Aufgrund rechtlicher Bestimmungen können die Daten nicht angezeigt werden

Biografie

(LEA) 9174: Orbach, geb. Gostinksi 15.05.1895 Lodz
Ich und mein Mann sind jüdsicher Abstammung.
Unser letzter Wohnsitz vor der Auswanderung war in Saarbrücken, Ebersteinstr. 7.
Im Jahre 1917 habe ich vor dem Rabbinat in Lodz meinen Mann Jesaia (Shaja) Felix Orbach, der im Jahre 1890 in Gradowo/Polen geboren ist, geheiratet. (Die Ziviltrauung hat erst im Jahre 1934 in Saarbrücken stattgefunden.) Mein Mann hatte in seiner Jugend bis zum 14. Lebensjahr die jüdische Volksschule besucht und anschliessend in der Textilfabrik meines Vaters in Pabianice mitgearbeitet. Später hat er sich als Kaufmann in der Altmetallbranche in Lodz sebständig gemacht.
Im Jahre 1919 übersiedelten wir nach Saarbrücken. Mein Mann war am Anfang des Jahres schon vorgefahren, ich kam im Laufe des Jahres nach.
Mein Mann eröffnete in seiner Branche in Saarbrücken ein Geschäft, das sich nach kurzer Zeit sehr gut entwickelte.
Von Anfang an arbeitete ich im Geschäft voll mit. Ich war sowohl beim Einkauf als auch beim Verkauf und beim Sortieren mittätig. Als dann unsere 5 Kinder geboren wurden, hatte ich ständig eine Haushaltshilfe.
Als der älteste Sohn in die dritte Schulklasse kam, schickten wir ihn und die übrigen Kinder nach Köln in ein Kinderheim, von wo aus sie dann auch den Kindergarten und die jüdische Schule besuchte. Dort blieben sie bis 1935. 
Im Jahre 1926 waren wir in der Lage, in Saarbrücken, Ebersteinstr. 7 ein Wohnhaus mit 7 Wohnungen zu bauen. Das Haus war auf unser beider Namen eingetragen. Vgl. Abschrift eines Grundbuchauszugs vom 23.01.1933 anbei.
Auf diesem Grundstück befanden sich dann auch das Geschäft und der Lagerplatz.
Wir selbst bewohnten in dem Haus eine geräumige Dreizimmerwohnung mit Küche und sonstigem Nebengelass. In den jahren 1927/28 haben wir die Wohnung auch eingerichtet.
Wir hatten unser gutes auskommen. Ich habe zwar keine Unterlagen mehr über das Einkommen meines Mannes, glaube aber unter Berücksichtigung unseres Lebensstandards und der Kosten des Aufenthalts unserer Kinder in Köln, dass das durchschnittliche Nettoeinkommen in den letzten jahren vor der Verfolgung etwa 30 000 Frs. jährlich betragen hat.
Nach der Abstimmung im Saargebiet im Jahre 1935 änderte sich unsere Wirtschaftslage schlagartig. Der Boykott der jüdischen Geschäfte wurde streng durchgeführt. Wir konnten von christlichen Verläufern keine Ware mehr bekommen und christliche Abnehmer kauften auch nicht mehr bei uns.
Wir schickten deshalb nach den Ferien 1935 unsere Kinder nicht mehr nach Köln zurück.
Etwas Oktober 1935 wurde mein Mann auf Grund der Anzeige eines Nachbarn verhaftet, da er sich angeblich abfällig über Hitler und den Nationalsozialismus geäußert haben sollte. Er wurde twa 1 Monat in Untersuchungshaft im Gefängnis in Saarbrücken festgehalten und wurde dann gegen Kaution bis zum Prozess freigelassen. Er wurde zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt und sofort wieder verhaftet.
Im Februar wurde mein Mann aus der Haft entlassen unter der Bedingung, dass er und die Familie sofort aus Saarbrücken auswandern.
Wir mieteten einen Eisenbahnwaggon, in denwir unsere ganze Wohnungseinrichtung und auch einen Teil des vorhandenen Lagers verluden und wir verfrachteteten diese Sachen nach Polen. Waren im Werte von etwas 100 000.- Fra mussten wir zurücklassen.
Wir fuhren dann am 28.02.1936 von Saarbrücken nach Lodz, wo wir Verwandte hatten.
In Lodz hatte mein Mann es sehr schwer, sich wirtschaftlich einzuordnen. Wir lebten im Verkauf der mitgebrachten Ware und einem Teil der Wohnungseinrichtung. Ich wandte mich daraufhin an meinen Bruder, der zu jener Zeit schon in Palästina lebte; dieser schlug mir vor, nach Palästina zu kommen.
Idh selbst fuhr im November 1936 mit unseren 5 Kindern nach Triest; mein Mann blieb in Lods zurückund wir verabredeten, dass er, falls ich wirtschaftliche Möglichkeiten in Palästina für ihn fände, so bald wie mögliche nachkommen sollte, oder aber dass ich, falls er sich in Polen doch eine wirtschaftliche Existenz gründen könne, wieder zurückkäme.
Als ich nach Triest kam, stiess ich auf die größten Schwierigkeiten, ein Zertifikat nach Palästina zu erhalten. Ich lebte mit den Kindern im auswandererheim  des Palästina-Amtes. Meine vier älteren Kinder nach und nach mit der Jugend-Alija nach Palästina.  Ich selbst konnte mit meiner jüngsten Tochter erst im September 1939 in Palästina einwandern.
Solange ich in Triest lebte, stand ich mit meinem Mann in Korrespondenz und erfuhr hierdurch, dass er sich mühselig mit Altmetallhandel druchbrachtee und um ein Zertifikat nach Palstina eingekommen war. Er wollte aber nicht aus Lodz weg, bevor er das Zertifikat hätte.
Nach meiner Au[sreise nach Palä]stina hatte ich dann keinerlei Nachricht mehr von meinem Mann bekommen, da der zweite Weltkrieg inzwischen ausgebrochen war. Erst vor kurzem konnte ich einen Bekannten aus pabianice ausfindig machen, der mir berichtete, dass er von der Besetzung Polens an bis 1943 zusammen mit meinem Mann im Ghetto in Pabianice interniert war. Im Jahre 1942 sei das Ghetto liquidiert worden und er habe dann nichts mehr von meinem Mann gehört.
Ich selbst habe auf die verschiedentichste Weise verasucht, Erkundigungen einzuziehen, die aber ergebnislos geblieben sind.
Ich selbst arbeitete nach meiner Einwanderung in Palästina als Köchin.
Mein Einkommen seit 01.04.1949 ergibt sich aus der beiliegenden Bestätigung der Einkommenssteuerbehörde Jerusalem vom 20.01.1958

Jerusalem, den 02.10.1957
Zyssa Orbach 

(LEA) 9819: 
Während des letzten Jahres in Triest arbeitete ich zeitweise als Köchin in einem Restaurant, auch aus diesem Einkommen konnte ich den Lebensunterhalt für mich und meine Kinder nicht bestreiten.
Nach meiner ankunft in Palästina im September 1939 lebte ich zuerst von der Unterstützung meiner Geschwister.
Von 1940 – 49 hatte ich verschiedene Arbeitsstellen als Köchin in Institutionen. (...)
Ab Februar 1950 arbeite ich als Köchin bei dem Altersheim Malben in Jerusalem-Talpioth. 
Jerusalem, 12.11.1958 
Zyssa Orbach