Von 1870 bis 1935

Wagner-Bürckel-Aktion im Oktober 1940: Das Ende jüdischen Lebens im Saarland

Autor: Hans-Christian Herrmann

Von der Reichsgründung 1870 bis zum Holocaust

Das 19. Jahrhundert brachte den jüdischen Menschen die Bürgerrechte bzw. die Gleichberechtigung. Diese Entwicklung, auch als  Judenemanzipation bezeichnet, bedeutete für Jüdinnen und Juden eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität, eröffneten sich  ihnen doch nie dagewesene Chancen und Möglichkeiten. Viele jüdische Männer und Frauen vollzogen einen gesellschaftlichen Aufstieg und waren erfolgreich im Bereich von Handel und Gewerbe tätig. In Relation zum Bevölkerungsanteil besuchten vergleichsweise viele von ihnen höhere Schulen und Universitäten, um dann als Rechtsanwalt und Arzt oder Ärztin zu praktizieren.

Judenemanzipation, Assimilation und neuer Judenhass 

 

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren fast 90 Prozent der Juden als Kleinhändler und Hausierer darum bemüht, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Ende des 19. Jahrhunderts betrug dieser Anteil nur noch 8 Prozent. 
Für das ausgehende 19. Jahrhundert bis zu Beginn der 1930er Jahre spielten jüdische Kaufleute für Handel und Gewerbe an der Saar eine sichtbare und erfolgreiche Rolle. Im Jahr 1931 existierten im Saargebiet  fast 140 jüdische Firmen, bei denen 7.000 Menschen arbeiteten. In Saarlouis beispielsweise gab es unter anderem eine Tabak- und Zigarettenfabrik. 750 Menschen arbeiteten bei jüdischen Firmen in Saarlouis. Handel und Gewerbe waren im Deutschen Reich erkennbar von Juden geprägt: Fast 63 Prozent der berufstätigen Juden arbeiteten 1907 in den Bereichen Handel und Verkehr, aber nur 13 Prozent der Gesamtbevölkerung. 1933 sahen die Relationen ähnlich aus. Nur 23 Prozent der jüdischen Menschen arbeiteten in Industrie und Handwerk, aber über 40 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Jüdisches Leben wird im Saargebiet insbesondere über die starke Präsenz in Handel und Gewerbe sichtbar.  Die  in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehenden Kauf- und Warenhäuser sowie Einzelhandelsfachgeschäfte vor allem im Bereich Textil, Schuhe, Spielzeug und Eisenwaren wurden von Juden gegründet und entwickelt.  Dies gilt für gut ein Drittel von Handel und Gewerbe. Für die Öffentlichkeit war die Verbindung zum Judentum auf den ersten Blick an den typisch jüdischen Namen wie Levy, Weil, Salomon oder Hanau sofort erkennbar und im Alltag über Jahrzehnte präsent. Die Fassaden der Geschäfte trugen diese Namen, ab den 1920er Jahren  kamen beleuchtete Firmenschilder auf und in den Tageszeitungen gab es mehrere Seiten mit Anzeigen und Werbung vor allem der Kaufhäuser, Bekleidungs- und Schuhgeschäfte. 

Der erkennbare Erfolg brachte Jüdinnen und Juden im Alltag auch Neider, zudem führten die Veränderungs- und Modernisierungsprozesse des 19. Jahrhunderts immer wieder auch zu Krisen und Konflikten. Der neue Judenhass, der Antisemitismus, war nicht mehr primär religiös motiviert so wie der Antijudaismus, sondern sah im Judentum eine minderwertige Rasse, die für alle Probleme verantwortlich gemacht wurde. Begleitet wurde diese Entwicklung von einer Anpassung bzw. Assimilation an die jeweilige nationale Kultur und ihre Werte, verbunden mit einem Rückgang eigener kultureller Identität und Tradition und einer zunehmenden Verkürzung jüdischer Identität auf die Religion.
Eine Reihe von Jüdinnen und Juden gab sogar ihre Religion auf, blieb konfessionslos oder nahm eine christliche Religion an. Dies spiegelt sich in einem Sinken des jüdischen Bevölkerungsanteils wieder. So sank der jüdische Bevölkerungsanteil im Deutschen Reich zwischen 1871 und 1910 von 1,25 auf 0,95 Prozent, was sich dadurch erklären lässt, dass Juden zum Christentum übertraten und gut ein Drittel der Juden sich mit nicht-jüdischen Partnern verheiratete.
Dies erfolgte in der Hoffnung, den immer wieder aufkommenden Judenhass, der als Antisemitismus nun rassisch, sozial und politisch begründet wurde, mit einer hohen Integrationsbereitschaft entgegen zu wirken. An der Saar scheint dieser Antisemitismus vergleichsweise  schwach ausgeprägt gewesen zu sein, massiv änderte sich dies im Zuge der bevorstehenden Saarabstimmung 1935.

Verschiebung der Siedlungsschwerpunkte: Saarbrücken wird zum Mittelpunkt jüdischen Lebens an der Saar 

Die Industrialisierung an der Saar führte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts  zu einer Zuwanderung aus der Pfalz, der Eifel und dem Hunsrück, aber auch zu einer starken Binnenwanderung vom Land zu den Standorten der Hütten und Gruben sowie der Glasindustrie. Die Bevölkerung im Saargebiet wuchs von ca. 200.000 Einwohnern im Jahr 1830 auf über 325.000 im Jahr 1871 und erhöhte sich um mehr als das Doppelte mit über 700.000 Einwohnern im Jahr 1910. 
Saarbrücken entwickelte sich nach 1870/71 mit der Bildung der Reichslande Elsass-Lothringen zu einem Zentrum im deutschen Südwesten. Aus allen Teilen des Reiches wanderten Jüdinnen und Juden zu, nach dem Ersten Weltkrieg auch aus dem Elsass und aus Lothringen, Gebieten mit einem bereits seit Jahrhunderten deutlich höheren jüdischen Bevölkerungsanteil als an der Saar. 
Saarbrücken wurde auch zum Mittelpunkt jüdischen Lebens an der Saar. Zwischen 1909 und 1930 war hier die jüdische Bevölkerung von 923 auf 2009 Einwohner gestiegen. Dies entsprach einer Steigerung von 127 Prozent, während die Bevölkerung insgesamt in dieser Zeit lediglich um ca. 30 Prozent gewachsen war (von 99.822 auf 128.850).  Im Juni 1921 wurde ein Rabbinat eingerichtet, ab Ende der 1920er Jahre ein eigenes Nachrichtenblatt herausgegeben und eine für das gesamte Saargebiet zuständige Zentralwohlfahrtsstelle aufgebaut. Insgesamt war die Gemeinde liberal und assimiliert, in gewisser Distanz dazu standen die aus Osteuropa Ende des 19. Jahrhunderts und dann vor allem nach dem Ersten Weltkrieg zugewanderten Juden. Es gab gleichwohl nur eine zionistische Ortsgruppe in Saarbrücken und trotz aller Unterschiede lebten assimilierte und orthodoxe Jüdinnen und Juden einvernehmlich zusammen. 
Gerade für die Entwicklung von Handel und Gewerbe boten die Industriestandorte günstige Perspektiven. So stieg auch die Zahl gemeldeter Juden und Jüdinnen in der Hüttenstadt Neunkirchen, von 101 im Jahr 1853 auf 154 im Jahr 1895 und im Jahr 1927 waren es 234. In Völklingen lebten 1843 keine Juden, 1925 waren es dann 97. Auch das bis 1919 zu Bayern gehörende St. Ingbert zeigt den Zuwanderungsprozess infolge der Industrialisierung. Im Jahr 1810 ließ sich hier der 1789 in Forbach geborene Mendel Beer mit seiner Frau nieder, von zwei Juden im Jahr 1810 stieg die Bevölkerung in der Industriestadt St. Ingbert auf 72 im Jahr 1900. 

Jüdische Bevölkerungsanteile in den Landkreisen zwischen 1843 bis 1925/27
Damit änderte sich die Verteilung der jüdischen Bevölkerung an der Saar grundlegend. Lebten bis 1895 die meisten Juden im Kreis Saarlouis, bildete im frühen 20. Jahrhundert die Stadt Saarbrücken den Mittelpunkt jüdischen Lebens an der Saar.
Die jüdische Gemeinde im Landkreis Saarlouis war 1829 mit 680 Juden noch die fünftgrößte innerhalb der preußischen Rheinprovinz hinter Bonn, Köln, Düsseldorf und Koblenz. Die Siedlungsschwerpunkte lagen hier in Saarwellingen und Saarlouis. 

  1843 1895 1925/27
Kreis Saarlouis 746/1,6% 1.037/1,26% 805/0,6%
Kreis Merzig 280/0,9% 391/0,92% 236/0,7%
Stadt Saarbrücken 45/0,15% 682/0,4% 2.029/0,6%
Kreis St. Wendel 455/1,2% 349/0,7% 125/0,4%
Kreis Ottweiler 711/2,5% 658/0,7% 559/0,4% 

 

Der jüdische Bevölkerungsanteil in Saarbrücken stieg vor allem im ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1920er Jahre. So lebten 1843 in Saarbrücken 43 Juden, das entsprach einem Bevölkerungsanteil von einem Prozent, in St. Johann und Malstatt-Burbach wohnten dagegen keine Juden mehr. 
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte St. Johann als aufstrebende Stadt von Handel und Gewerbe einen verstärkten jüdischen Zuzug. 1895 lag der jüdische Bevölkerungsanteil mit 71 Menschen in Saarbrücken bei 0,36 Prozent, in St. Johann mit 421 jüdischen Menschen bewegte er sich dagegen bei 2,5 Prozent. In Malstatt-Burbach waren insgesamt 37 Juden gemeldet, das entsprach einem Anteil von 0,001 Prozent der Bevölkerung. Im Jahr 1927 zählte die Großstadt Saarbrücken mit ihren 125.020 Einwohnern 1.721 Jüdinnen und Juden. Das entsprach einem Bevölkerungsanteil von 1,4 Prozent – deutlich mehr als 1895. Damals lag der Anteil in den drei Saarstädten mit ihren 60.125 Einwohnern bei 0,88 Prozent bzw. 529 Juden. Im Vergleich zum Reich stieg damit der jüdische Bevölkerungsanteil deutlich, während er reichsweit zurückging.

Jüdische Bevölkerungsanteile im Saargebiet 1933
Im Unterschied zum Reich wuchs der jüdische Bevölkerungsanteil im Saargebiet zwischen 1910 bis 1933 um ca. 25 Prozent auf 4.638 an. Am 1. Januar 1933 existierten im Saargebiet 18 jüdische Gemeinden mit 23 Synagogen bzw. Betsälen. Der Bevölkerungsanteil betrug gerade mal ein halbes Prozent der Gesamtbevölkerung. Geringfügig über dem Landesdurchschnitt von 0,5 Prozent lag die jüdische Präsenz in den Kreisen Merzig mit 0,69 Prozent und Saarlouis mit 0,64 Prozent. In Ottweiler, St. Ingbert und Homburg lebten nur wenige Juden und der geringste Bevölkerungsanteil fand sich im Kreis Saarbrücken-Land. 
 

Kreise Prozent Personen
SB-Stadt 1,58 2.083
Merzig 0,69 274
Saarlouis 0,64 938
St- Wendel 0,41 142
Ottweiler 0,37 547
Homburg 0,33 165
St. Ingbert 0,24 142
SB-Land 0,16 347


Mit 1,6 Prozent am höchsten war 1933 der jüdische Bevölkerungsanteil in der Großstadt Saarbrücken – ein Wert, der nicht nur im Vergleich zum übrigen Saargebiet, sondern auch zu anderen Städten relativ hoch war. Dieser erklärt sich aus der Bedeutung St. Johanns als Zentrum von Handel und Gewerbe des Saargebietes. So bewegte sich der Anteil jüdischer Bevölkerung in der Großstadt Saarbrücken auf dem Niveau von Leipzig (1,6 Prozent) und lag sogar über dem in Hamburg (1,5 Prozent), München (1,2 Prozent), Hannover und Stuttgart (1,1 Prozent). Einen höheren Anteil verzeichneten Köln (2,0 Prozent) und Mannheim (2,3 Prozent). Frankfurt/Main war die Großstadt mit dem größten jüdischen Bevölkerungsanteil, hier lebten 4,7 Prozent Juden, gefolgt von Berlin (3,8 Prozent), Breslau (3,2 Prozent) und Beuthen (3,1 Prozent). Im näheren Umkreis von Saarbrücken gab es einige Städte mit einem vergleichbaren und teilweise deutlich höheren jüdischen Bevölkerungsanteil: Mainz (2,4 Prozent), Alzey, Worms,  Landau (2,5 Prozent), Grünstadt (2,6 Prozent) und Bingen (4,0 Prozent). 

Emigrationsschübe zwischen 1933 und der Saarabstimmung 1935 

Nach der „Machtergreifung“ Hitlers 1933 konnten die saarländischen Juden aus der Distanz die Dimension des nationalsozialistischen Antisemitismus erkennen. Schon im Vorfeld der Saarabstimmung 1935 und der zu erwartenden Rückgliederung an Hitler-Deutschland suchten vor allem vermögende Juden den Weg in die Emigration. Nach der Saarabstimmung flohen immer mehr jüdische Menschen ins Ausland. Antisemitismus war aber auch an der Saar seit 1933 immer offener zu spüren.
Mit dem Römischen Abkommen konnte Hitler abgerungen werden, dass jüdische Männer und Frauen diskriminierende Gesetze bis zum 1. März 1936 im Saarland nicht zur Anwendung kamen. So durfte etwa die Reichsfluchtsteuer nicht erhoben werden, was die Auswanderung erleichterte. Andererseits waren die politischen Bedingungen dennoch so angespannt, dass auch  hier Juden ihr Hab und Gut nur weit unter Wert verkaufen konnten. Trotz der Garantien des Römischen Abkommens gab es massive Benachteiligungen und Verstöße gegen das Abkommen, 77 Juden wandten sich deshalb an den dafür zuständigen Internationalen Gerichtshof.

Reichsweit stärkster Rückgang des jüdischen Bevölkerungsanteils 1935

Zwischen dem 1. Januar 1933 und dem 25. Juni 1935, dem Datum der ersten Volkszählung nach der Rückgliederung des Saargebietes an Hitler-Deutschland, sank die jüdische Einwohnerzahl von 4.638 auf 3.117.  Zwischen dem 25. Juni 1935 und dem 25. Mai 1936 emigrierten nochmals gut 1.000 jüdische Menschen, so dass im Sommer 1936 nur noch etwas mehr als  2.000 Juden im Saarland lebten. 

Jüdische Bevölkerung im Saarland

Kreis 1933 25.06.1935 1939

 

SB-Stadt 1.721 1.330 173
SB-Land 308 203 20
Ottweiler 559 427 112
St. Wendel 121 84 8
Saarlouis 805 702 96
Merzig 260 186 29
St. Ingbert 93 79 15
Homburg 171 106 20

In keinem anderen Teil des Deutschen Reiches ging die jüdische Bevölkerung so rasch und so stark zurück wie im Saargebiet. Der jüdische Bevölkerungsanteil war im Juni 1935 auf 0,38 Prozent gesunken, im Reichsdurchschnitt lag er bei 0,77. 

Der weitgehende Zusammenbruch jüdischen Lebens im Saarland: Die Jahre bis zur Pogromnacht 1938 und der Evakuierung 1939

  

Der Rückgang der jüdischen Bevölkerung führte bereits 1936/37 zum Zusammenbruch der jüdischen Gemeinden. Jüdisches Leben im Saarland reduzierte sich nun mehr oder weniger auf Saarbrücken, viele Landjuden waren hierher gezogen. Gemeindeeigentum wurde verkauft wie beispielsweise die Synagogen in Dillingen und St. Ingbert, der Bauplatz für eine neue Synagoge in Saarlouis und das ehemalige jüdische Schulhaus in Saarwellingen. Gemeindeämter konnten nur noch in ganz geringem Umfang besetzt werden.
Im Herbst 1938 lebten noch etwa tausend Jüdinnen und Juden im Saarland: Sie wurden in der Reichspogromnacht im November 1938 ebenso Opfer wie die Juden im übrigen Teil des NS-Staates.  Zuvor waren im Oktober 1938 polnische Juden vertrieben bzw. über die grüne Grenze nach Polen abgeschoben worden.
Im Mai 1939 lebten dann nur noch 482 Jüdinnen und Juden im Saarland und damit nur noch gut zehn Prozent der jüdischen Bevölkerung des Jahres 1933. In der Pfalz waren es etwas mehr als 26 Prozent, im Regierungsbezirk Trier 32,4 und im Regierungsbezirk Koblenz gar noch 47,76 Prozent. Nirgendwo sonst war die jüdische Bevölkerung so stark zurückgegangen wie im Saarland.
Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, dem Überfall auf Polen und Frankreich, wurden weite Teile des Saarlandes (Rote Zone) 1939/40 evakuiert. Die noch verbliebene jüdische Bevölkerung von Saarbrücken, Saarlouis und Völklingen wurde nach Halle evakuiert. Etwa der Hälfte wurde im Sommer 1940 der Heimkehrerschein verweigert und ihnen damit die Rückkehr ins Saarland unmöglich gemacht. Sie mussten in Notunterkünften in Halle bleiben. 1942 wurden sie von dort in die Konzentrationslager Auschwitz und Theresienstadt deportiert. 

Generalmajor Theodor Groppe verhindert Judenpogrom im Dezember 1939

Die außerhalb der Roten Zone (frei zu machendes Gebiet im Zusammenhang mit der Evakuierung 1939) lebenden Juden entgingen durch das Einschreiten von höheren Dienstgraden der Reichswehr einem Pogrom, das von lokalen NSDAP-Parteidienststellen geplant war. Am 12. Dezember 1939 meldete ein Bataillonskommandeur des Infanterie-Regiments 355 dem Kommandeur der 214. Infanteriedivision, die den Westwallabschnitt Dillingen-Merzig besetzt hielt, dass der nach Nalbach ausgewichene NSDAP-Kreisleiter von Saarlouis für den Abend ein Judenpogrom angeordnet habe. Daraufhin erteilte Generalmajor Theodor Groppe den Befehl, Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung mit Waffengewalt zu verhindern. Er informierte zudem den Chef des Generalstabes. Dieser versuchte jedoch gegen Groppe vorzugehen und informierte Generaloberst von Witzleben. Dieser wiederum stellte sich hinter Groppe und befahl für seinen Zuständigkeitsbereich, Ausschreitungen gegen Juden seien mit allen Mitteln zu verhindern.  Für Groppe blieb sein Handeln nicht ohne Folgen. Er wurde wegen Aufbegehrens gegen SS-Befehle am 2. Februar 1940 vom Divisionsbefehl entbunden und im Herbst 1941 zum Ausscheiden aus der Reichswehr veranlasst. Im August 1944 wurde er auf Befehl Hitlers verhaftet. Sein Vorgesetzter von Witzleben wurde im Herbst 1944 in Plötzensee gehängt, er gehörte zum militärischen Widerstand  des 20. Juli 1944. 

Wagner-Bürckel-Aktion im Oktober 1940: Das Ende jüdischen Lebens im Saarland

Die etwas mehr als 50 im Jahr 1940 noch im Saarland lebenden Juden wurden in der Nacht zum 22. Oktober 1940 verhaftet und ins Lager Gurs in die Pyrenäen verschleppt. Sie wurden Opfer der Aktion der Gauleiter Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz), die ihre Gaue judenfrei machen wollten und die erste flächendeckende Massendeportation organisierten. Bürckel hatte allerdings zuvor als Reichsstatthalter für Österreich im Oktober 1939 Wiener Juden ins besetze Polen deportiert.
Nur jüdische Partner von Mischehen und solche, die zufällig zum Zeitpunkt der Aktion nicht in ihrer Wohnung anzutreffen waren, entgingen dem Transport in das französische Lager im Oktober 1940.  Insgesamt waren bis 1944 mindestens 500 saarländische Juden in Gurs interniert. Viele nach Frankreich geflohene saarländische Jüdinnen und Juden landeten im Zuge der Kollaboration von Vichy-Frankreich mit Hitler-Deutschland in diesem Lager und wurden von dort über Drancy vor allem ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet