Friedhöfe und Bestattungskultur

Jüdische Grabsteinsymbolik heute

Autor: Marcel Wainstock

Die Bedeutung von Friedhöfen und ihre Anlage

Der Bestattungsplatz für Verstorbene ist im Judentum fast wichtiger als die Synagoge, denn zum gemeinsamen Gebet kann man auch in einer Wohnung zusammenkommen. Wenn eine neue Gemeinde in der Diaspora gegründet wird, so die allgemein herrschende Ansicht, (konkrete Bestimmungen darüber gibt es nicht), soll zuerst ein Grundstück angekauft werden, um einen Friedhof mit einer Einfriedung anzulegen, bevor daran gedacht wird, eine Synagoge zu bauen. In Europa ist bei jüdischen Gemeinden seit dem 10. Jahrhundert die Anlage von eigenen Friedhöfen üblich geworden. Weil jüdische Friedhöfe und ihre Gräber auf ewig bestehen bleiben müssen, eine Wiederbelegung von Grabstellen oder Einebnungen sind nicht zulässig, sind die Grundstücke der Friedhöfe meist im Besitz der örtlichen jüdischen Gemeinde, die darüber wacht, dass die Unverletzbarkeit der ewigen Totenruhe gewahrt bleibt. Jüdische Friedhöfe sind unauflösbar, sie dürfen auch nicht verkauft oder für andere Zwecke genutzt werden. Manche Gemeinden teilen sich einen Friedhof mit einer anderen, so wurden z. B. im Saarland auf dem alten Friedhof von Dillingen-Diefflen anfänglich auch die Toten von Saarlouis beigesetzt und die Ottweiler Juden bestatteten ihre Toten zunächst in Illingen.

Anordnung und Erscheinungsbild jüdischer Friedhöfe ergeben sich aus dreierlei Komponenten: Aus der Halacha (hebr. „gehen”, „wandeln”; ein Begriff der das gesamte System der Religionsvorschriften des Judentums umfasst, also die Ge- und Verbote der schriftlichen und der mündlich überlieferten Tradition bis auf die Gegenwart), aus Bräuchen (Minhagim) der örtlichen jüdischen Gemeinde und schließlich aus unumgänglichen lokalen topographischen oder geologischen Gegebenheiten.

In der Regel befinden sich jüdische Friedhöfe außerhalb von Ansiedlungen, zumindest zum Zeitpunkt ihrer Anlage. Einer der Gründe hierfür liegt in einer uralten rabbinischen Bestimmung aus dem Beginn des 3. Jahrhunderts: „Man entferne Abdeckereien, Gräber und Gerbereien fünfzig Ellen von der Stadt“. Die Sorge um das Grundwasser dürfte der Leitgedanke gewesen sein.

Umgang mit dem Tod

Der Tod wird als etwas Selbstverständliches und als Teil der göttlichen Ordnung angesehen. Die jüdische religiöse Lebensanschauung setzt positiv in allen Bereichen den Schwerpunkt immer auf das Leben, welches als Geschenk Gottes betrachtet wird und dementsprechend ehrwürdig bewahrt und behandelt werden muss. Eine der jüdischen Bezeichnungen für den Friedhof lautet daher folgerichtig „Bet ha-Chajim“ – Haus des Lebens. Bezeichnenderweise heißt auch das Gebetbuch, welches die Vorschriften und Gebete, die bei Krankheit, Tod und Trauer zu beachten und zu sprechen sind „Sefer ha-Chajim“ - Buch des Lebens.

Schon in biblischer Zeit haben sich Juden bewusst von den Kulturen abgesetzt, die eine Beschäftigung mit den Toten in das Zentrum ihres religiösen Lebens stellten und besondere Totenkulte entwickelt haben, wie z. B. die Ägypter.

So sehr sich Juden ernsthaft und aufrichtig um einen stets respektvollen Umgang mit den Toten bemühen und die Erinnerung an sie pflegen, Totenkulte und Grabkulte sind dem Judentum ebenso fremd wie etwa das Heraufbeschwören von Totengeistern, welches religiös ausdrücklich verboten ist.

Die Totenruhe

Die Ehrung der Toten und der Respekt vor ihren fleischlichen Überresten sowie ihrer Grabstelle stellen zentrale Werte im Judentum dar. Der menschliche Körper wird als Hülle der Seele betrachtet, die sie während des irdischen Lebens umschließt. Nach dem Tod kehrt die Seele zu Gott zurück, der sie bei der Geburt dem Menschen geschenkt hat. Deswegen kommt dem Grab als Schnittstelle zwischen beiden Stadien eine große Bedeutung zu. Mit dem Tod endet das irdische Dasein und es beginnt das „Ewige Leben“.

Juden glauben an eine körperliche Auferstehung am Ende der Tage, wenn der Messias kommen wird. Niemand weiß jedoch bisher, wie man sich das vorstellen soll, es wird auch im Einzelnen so gut wie nicht thematisiert. Der Glaube an die Auferstehung der Toten ist jedoch eines der 13 Glaubenssätze, die Maimonides (Rabbi Mosche ben Maimon, jüdischer Philosoph, Rechtsgelehrter und Arzt) im 12. Jahrhundert aus verschiedenen Quellen des Judentums zusammengestellt und formuliert hat. Sie sind bis in die heutige Zeit für gläubige orthodoxe Juden, die sie täglich im Morgengebet rezitieren, verbindlich. Der Auferstehungsglaube ist auch in die zweite Benediktion des Achtzehngebetes „Schmone Essre“ aufgenommen worden: „Gelobt seist Du, Ewiger, der Du die Toten belebst“. Der jüdische Glaube an die leibliche Auferstehung, hebr. „Tchijat ha-Metim“, nach dem Tod ist grundsätzlich zu unterscheiden von der im Judentum ebenfalls vertretenen Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele.

Der Auferstehungsglaube äußert sich auch durch Handlungen wie dem Einsammeln und der Beisetzung möglichst aller, auch der kleinsten Körperteile im Falle von Todesursachen, bei welchen der Körper versehrt wird (z. B. bei Attentaten, Flugzeugabstürzen usw.), aber auch bei der ablehnenden Haltung gegenüber Autopsien/Obduktionen und insbesondere Sektionen von jüdischen Leichen.

Aus den vorgenannten Gründen ist im Judentum nur eine Erdbestattung religiös erlaubt.

Ein jüdisches Grab ist und bleibt ewig Eigentum des Toten, der darin liegt. Es ist unantastbar; ein einmal geschlossenes Grab darf nicht wieder geöffnet werden. Dieses Prinzip der Ehre und des Respekts der Ruhe der Toten verbietet darum die Umbettung des Toten sogar in ein würdevolleres Grab, es sei denn, die Umbettung erfolgt in ein Familiengrab. Erlaubt ist auch die Umbettung zwecks Beisetzung im Land Israel.

Manche Menschen ordnen per Testament an, dass sie nach ihrem Tod nach Israel überführt werden möchten. Eine Überführung nach Israel, selbst nach einer bereits vollzogenen Beisetzung, ist halachisch erlaubt. Überführungen von Leichen nach Israel haben eine lange Tradition. Ein Grund für die Entscheidung zu einer Beisetzung in oder Überführung nach  Israel ist, weil der Boden des Landes Israel dem Menschen Sühne schafft, gleich dem einstigen Altar im Tempel zu Jerusalem. Andere wiederum begnügen sich damit, dass ein Säckchen mit Erde aus dem Heiligen Land mit in ihren Sarg gelegt wird bzw. dass diese Erde über ihren Körper verstreut wird. Ein weiterer Grund für eine Beisetzung in Israel bzw. eine spätere Überführung dorthin ist die auf den religiösen Schriften gründende Annahme, dass der Messias in Jerusalem zuerst erscheinen und die Auferstehung dort beginnen wird. Daher sind die dortigen Begräbnisplätze seit alter Zeit höchst begehrt und heutzutage zudem noch sehr teuer, denn, wenn man dort liegt, so meinen fromme gläubige Juden, wird man dereinst bei der Auferstehung unter den Ersten sein. Das Gräbermeer am Fuß des Ölbergs in Jerusalem und die Gräber im Kidrontal sind Zeugnisse dieses alten Glaubens.

Die Toten eines aufgegebenen Friedhofs dürfen nur exhumiert werden, wenn andernfalls ein unverhältnismäßig großer Schaden für die Allgemeinheit entstehen würde. Aber auch in diesem Fall darf der Boden danach nicht für unwürdige Zwecke benutzt werden. Selbstverständlich ist eine Exhumierung möglich, wenn sie polizeilich oder gerichtlich angeordnet ist, denn bei allen jüdischen Gesetzen und Vorschriften hat immer das Landesgesetz Vorrang.

Wegen des den Toten und ihren Grabstätten geschuldeten Respekts darf man auf einem jüdischen Friedhof nicht essen, trinken, Holz oder Gras sammeln oder Vieh weiden. Selbst das einfache Spazierengehen zur Erholung ist dort unerwünscht.

Ein anderer Grundsatz der jüdischen Religion im Hinblick auf den Umgang mit Toten ist, dass man von einem Toten keine Vorteile erhalten darf. Jede Nutznießung von einem Toten ist verboten. Ebenso darf das Grab nicht zu nutznießenden Zwecken verwendet werden. Was jedoch nicht direkt auf dem Grab wächst, fällt nicht unter das Verbot. Beeren oder essbare Pilze auf einem Friedhof zu sammeln und zu essen, ist im Judentum jedoch völlig unüblich.

Grabschmuck in Form von Pflanzen und Schnittblumen ist bei traditionellen Juden nicht üblich, weil der Brauch als heidnische Opfergabe nach antiker Art (Griechen und Römer)  interpretiert werden könnte. Ein weiterer Grund, warum es nicht üblich ist, Blumen auf jüdischen Gräbern zu pflanzen, ist die Befürchtung, dass man sie pflücken und anderweitig benutzen, also einen Nutzen davon haben könnte. Bei vielen religiösen Autoritäten hat sich allerdings inzwischen die Überzeugung durchgesetzt, dass Blumen auf Gräbern zur Ehre des Toten „Kibbud ha-Met“ und nicht um der Besucher willen gepflanzt werden, weshalb inzwischen Blumenschmuck geduldet wird.

Man darf ein für einen Toten bestimmtes Grab nicht anderweitig verkaufen. Auch nach einer Umbettung darf der Platz bzw. der Grabstein nicht verkauft, sondern höchstens unentgeltlich einem Armen übereignet werden. Dies, weil die Beerdigung kein Vorteil, sondern eine religiöse Pflicht ist.

Die Pflege und Instandhaltung jüdischer Friedhöfe

Auf Grabpflege, die als Störung und Verletzung der Totenruhe verstanden wird,  wurde bis ins 19. Jahrhundert generell verzichtet. Seitdem haben sich hinsichtlich der Pflege und Unterhaltung von Gräbern und Friedhöfen zwei grundsätzliche Einstellungen herausgebildet. Die eine meint weiterhin, dass man im Hinblick auf die Totenruhe, die Gräber, insbesondere ältere, die nicht mehr von Angehörigen besucht werden, sich selbst überlassen und der Natur um sie herum nur minimal oder gar nicht Einhalt gebieten soll. Bestenfalls werden Wege, die zu den Gräbern führen, frei gehalten und einmal jährlich Gras gemäht sowie Grünschnitt ausgeführt. Dies führt zu den von manchen nach ihrem ästhetischen Empfinden als romantisch bezeichneten Friedhöfen. Sie sind von Brombeerhecken und diversem Gebüsch überwuchert und die alten, durch sich frei ausbreitendes Wurzelwerk inzwischen schiefen und verwitterten, moosbedeckten Grabsteine fallen gelegentlich um bzw. versinken langsam im Erdreich.

Die andere Sichtweise möchte zu Ehren der Toten und der Angehörigen, die sie besuchen, lieber, dass der Friedhof nicht verwildert und sich stets in einem einwandfreien „ordentlichen“ und vorzeigbaren Zustand befindet. Das bedeutet, dass die Wege im Herbst von abgefallenem Laub, im Frühjahr von abgefallenen Ästen befreit werden; dass während der schönen Jahreszeit regelmäßig Unkraut entfernt und Hecken zurückgeschnitten werden.

Die gleiche Meinungsdichotomie herrscht hinsichtlich des Umgangs mit den Grabsteinen, insbesondere mit den älteren, die sich auf natürliche Weise neigen bzw. umfallen, weil sie früher mit dem Sockel nicht verdübelt wurden oder ohne Sockel einfach nur in die Erde gesteckt wurden, und deren Steinmaterial durch Witterungseinflüsse bedingt bröckelt oder teilweise abfällt: Restaurieren und erhalten oder nicht, ist hier die Frage, die sich immer wieder stellt. Auch für die neueren Grabmale gilt, je nach örtlicher Sichtweise, dass sie mindestens einmal jährlich von Moos, Algen und sonstigen Verschmutzungen gereinigt werden oder wegen der strengeren Interpretation der Totenruhe eben nicht.

In Ländern, in welchen die zuständigen jüdischen Gemeinden nur aus eigenen Mitteln für die Pflege und Unterhaltung der Friedhöfe sorgen müssen, wird oft aus verständlichen Gründen für die erste Meinung optiert, denn die finanzielle Last  der Unterhaltung ist erheblich.

In Deutschland, bedingt durch den Holocaust und die Zerstörung der meisten Vorkriegsgemeinden, ist es häufig so, dass eine jüdische Gemeinde oder ein Landesverband sich um mehrere aus der Vorkriegszeit geerbte, sogenannte „verwaiste“ jüdische Friedhöfe in ihrem heutigen Zuständigkeitsbereich kümmern muss, die zwar nicht mehr belegt, aber gepflegt und erhalten werden. Hierfür gibt es öffentliche Zuwendungen. Die Mittel stammen zur Hälfte aus dem Bundesetat und zur Hälfte kommen sie von der jeweiligen Landesregierung. Es kommt auch vor, dass eine örtliche Kommune einen verwaisten jüdischen Friedhof in ihrem Einzugsgebiet quasi als „Wiedergutmachung“ und im Bewusstsein historischer Verantwortung auf eigene Rechnung pflegt.

Gewöhnlich werden die Verstorbenen auf jüdischen Friedhöfen chronologisch  in Grabreihen nebeneinander bestattet. Auf manchen alten jüdischen Friedhöfen wurden Männer und Frauen in getrennten Reihen oder sogar in getrennten Parzellen des Friedhofs beerdigt. Dies ist jedoch keine halachische Vorschrift und allein auf eine lokale Tradition zurückzuführen. Heutzutage werden Geschlechter bei der Bestattung nirgends mehr getrennt. Ehepaare werden, wenn es gewünscht ist, nebeneinander bestattet und auch bei Unverheirateten ist die Chronologie des Todesfalls das Kriterium für die Zuordnung eines Begräbnisplatzes neben einer männlichen oder weiblichen Leiche. Allerdings kann eine bestimmte Grabstelle auch  im Voraus reserviert werden.

Die Ausrichtung der Gräber

In vielen Gemeinden Europas herrschte und herrscht weiterhin die Tradition, dass ein Grab in Ost-West-Richtung angelegt und die Leiche mit den Füßen nach Osten beigesetzt wird. Der Tote „blickt“ sozusagen nach Osten, d. h. nach Jerusalem, wie in unseren Breiten auch Synagogen orientiert sind und sich Juden beim Beten richten. Es gibt jedoch auch eine andere Praxis, der zufolge das Grab eine Nord-Süd-Richtung hat und die Leiche nach Süden „blickt“. Beide Formen hängen mit dem Glauben an die körperliche Auferstehung der Toten zusammen: Die Toten sollen in der Richtung liegen, die sie bei der Auferstehung „antreten“ werden – die Richtung nach dem Heiligen Land. Der Weg von Mitteleuropa zum Heiligen Land führt entweder über das Festland nach Osten oder aber zunächst nach Süden Richtung Mittelmer. Die Halacha gibt in dieser Frage keine verbindlichen Normen an.

Besondere Gräberfelder

Auf manchen alten Friedhöfen existieren besondere Gräberfelder für besondere Kategorien von Verstorbenen, z. B. für herausragende Rabbiner, für Frauen, die im Kindbett starben, für Kindergräber oder für Kohanim, den männlichen Nachfahren von Priestern aus der Zeit des Tempeldienstes. Früher wurden Selbstmörder, Kriminelle und Frevler abseits der anderen Gräber, meist an der Friedhofsmauer beigesetzt.

Rabbiner: Einer der Gründe, warum berühmte Rabbiner auf einigen Friedhöfen auf einem besonderen Gräberfeld  bestattet sind, ist, damit die Gräber für diejenigen, die sie verehren, leichter zu finden sind.

Ein weiterer Grund hängt mit den Bestimmungen zur Totenruhe zusammen. Die Halacha bestimmt, dass neben einem „Zadik“, einem Frommen, kein „Rascha“, Frevler, beigesetzt werden darf und neben einem Ungebildeten, kein Gelehrter. Fromme sollen unter sich, abseits der „Sünder und Frevler“ ruhen. Im Allgemeinen sollen die „Nachbarn“ auf dem Friedhof möglichst gleichgesinnt sein und Feinde im Leben soll man nicht nebeneinander bestatten, weil man glaubt, dass sie auch im Tode in den Gräbern nebeneinander keine Ruhe finden werden.

Wöchnerinnen: Nach manchen Autoren ist es angebracht, Frauen, die im Verlauf ihrer Niederkunft sterben, in einer gesonderten Reihe beizusetzen. Dies ist als Auszeichnung gemeint, da sie ihr Leben im Rahmen ihrer heiligen Aufgabe, Kinder zur Welt zu bringen, verloren haben.

Auf einem besonderen kleinen Feld gruppierte Kindergräber findet man beispielsweise auf beiden Saarbrücker Friedhöfen entlang der Innenseite der Einfriedungsmauer. Allerdings wurde diese Tradition in Saarbrücken nach dem Krieg nicht mehr konsequent weitergeführt. Eine religiöse Begründung für die Einrichtung von Kindergräberfeldern gibt es nicht, es sind bloß praktische Erwägungen der Platzersparnis, denn sowohl die Gräber als auch die Grabsteine für Kindergräber sind kleiner als Erwachsenengräber und können auf dem Gräberfeld anders und insbesondere platzsparender angeordnet werden.

Gräber der Kohanim, der männlichen Nachfahren der Priester am einstigen Jerusalemer Tempel, findet man manchmal an einer besonders leicht und schnell zugänglichen Stelle des Friedhofgeländes. Es ist nicht immer der Fall; aber wo es so gehandhabt wird, hat es den Zweck, den Zugang zu diesen Gräbern für die männlichen Nachkommen, die automatisch ebenfalls Kohanim sind, zu erleichtern. So können sie, ohne sich unnötigerweise durch das Vorbeigehen an anderen Gräbern verunreinigen zu müssen (Kohanim dürfen im weitesten Sinne nicht in Kontakt mit Leichen kommen), auf kurzem Weg zu den Gräbern ihrer Verwandten gelangen. Es ist belegt, dass es in Spanien um das 14. Jahrhundert üblich war, die Kohanim auf einem gesonderten Teil zu begraben, und zwar in nächster Nähe des Friedhofeinganges. Solche Kohanim-Felder sind z. B. auch in Frankfurt/M. und in Preßburg vorhanden.

Selbstmörder wurden früher an einem abgelegenen Platz, meist entlang der Friedhofsmauer abseits der anderen Gräber beigesetzt, denn Selbstmord zu verüben, gilt nach jüdischem Religionsgesetz als verwerflich.

Die jüdische Tradition lehrt nämlich: „Wer sich das Leben nimmt, verliert seinen Anteil an der zukünftigen Welt“. Selbstmord gilt als Frevel gegen Gott. Jedoch liegt „Selbstmord“ nur dann vor, wenn die Tat vorsätzlich und freiwillig vorgenommen wurde.

Die separate Beisetzung wird heute, um die Angehörigen in ihrem Schmerz nicht noch zusätzlich zu bestrafen und zu beschämen, gewöhnlich nicht mehr praktiziert. Auch Selbstmörder werden heute in der chronologischen Reihenfolge der Gräber beigesetzt. Dazu hat auch die im Lichte der Psychiatrie gewonnene Erkenntnis beigetragen, dass Selbstmörder in den meisten Fällen im Moment ihrer Tat nicht wirklich frei und bei klarem Bewusstsein entscheiden und daher zur Bewertung ihres Handelns mildernde Umstände herangezogen werden können.

Unverheiratete wurden früher mancherorts auch auf separaten Teilen des Friedhofs beigesetzt, weil nach jüdischer Auffassung ein Unverheirateter unnatürlich lebt und einem Ehemann nicht gleichwertig ist. Zu heiraten und eine Familie zu gründen, war das erste Gebot, das Gott dem Menschen befohlen hatte (Gen. 1,28).

Urnenbeisetzungen

Auf manchen jüdischen Friedhöfen findet man seit einigen Jahren separat angelegte Felder für Urnengräber. Dass die Kremierung von Leichen im Judentum religiös untersagt ist, wurde bereits erwähnt. Dennoch geschieht es immer wieder, dass Angehörige aus Unwissenheit oder aber auch bewusst und absichtlich ihre Angehörigen verbrennen lassen. Ob eine Urne auf einem jüdischen Friedhof überhaupt oder in welchem Teil desselben beigesetzt werden darf, ist im Grunde keine religiös-halachische Frage, sondern vielmehr eine religionspolitische Angelegenheit. Es geht um die Frage, wie und in welchem Umfang Einäscherungen bekämpft oder geduldet werden sollen. Hierbei kann jede Gemeinde als Eigentümerin des Friedhofs für sich völlig frei entscheiden und dies in ihrer Friedhofssatzung festlegen.

Beisetzung von Partnern aus Mischehen

Auf alten jüdischen Friedhöfen finden sich keine Gräber von Ehepartnern, die nicht der jüdischen Religion angehörten, weil interkonfessionelle Mischehen in der Vergangenheit  nicht vorkamen. Weder christliche Geistliche noch Rabbiner hätten eine solche Trauung jemals vorgenommen.

In unserer säkularisierten Zeit, in welcher man sich auch bloß zivil trauen lassen kann, sind Ehen mit Partnern, die unterschiedlichen bzw. keiner Konfession angehören, häufig geworden, was zu halachischen Problemen führt, falls die Eheleute später zusammen auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden möchten.

Grundsätzlich darf eine nicht-jüdische Person nicht auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden. Unter dem Druck der Realität hat es in den letzten Jahren in manchen Gemeinden Überlegungen gegeben, wie man, ohne der Halacha zu widersprechen, dem häufig ausgedrückten Wunsch nicht-jüdischer Ehepartner, auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt zu werden, etwas entgegenkommen könnte. Es sind dazu mehrere Voraussetzungen nötig. Zum einen muss das Gräberfeld für die Nichtjuden deutlich von den jüdischen Gräbern abgetrennt sein. Der jüdische Partner wird nicht zusammen, d.h. nicht neben den nicht-jüdischen, beigesetzt und das Gräberfeld für die nicht-jüdischen Beisetzungen muss einen gesonderten Eingang haben.

Der Grabstein (hebr. die Mazewa)

Alte jüdische Friedhöfe und insbesondere ihre Grabsteine und deren Inschriften erlauben zahlreiche Rückschlüsse auf bestimmte historische Prozesse und Situationen.

So kann man an den Texten der Grabsteine, aber auch an ihren Formen (traditionelle einfache Stele oder Obelisk, Säule, größeres Monument, Mausoleum usw.) erkennen, wie die vorherrschende religiöse Tendenz oder der Grad der Orthodoxie der Gemeinde bzw. der Grad der Akkulturation ihrer Mitglieder zu einer gegebenen Zeit war und wie sie sich bis heute entwickelten.

Juden werden nach ihrer geographischen Herkunft hauptsächlich in zwei große Gruppen unterteilt: Aschkenasen nennt man die Juden aus Deutschland, teilweise auch aus Frankreich sowie aus Belgien, Holland, Großbritannien und Skandinavien, vor allem aber auch die sogenannten Ostjuden aus Polen, Litauen, Russland, Ungarn, Rumänien. Auch die Juden in Amerika, Südafrika, Australien sowie in Ostasien zählen zu den aschkenasischen Juden. Sie stammen ursprünglich aus den mittelalterlichen jüdischen Gemeinden in Frankreich und Deutschland. Zu den sefardischen Juden gehörten vor ihrer Vertreibung von 1492 die Juden in Spanien und Portugal, heute ihre Nachkommen in Nordafrika, Südfrankreich und den übrigen Mittelmeerländern. Aschkenasische und sefardische Juden befolgen in der praktischen Ausübung des gleichen Glaubens teilweise unterschiedliche Riten und Bräuche, weshalb es in Israel immer zwei Oberrabbiner gibt, einen für die Sefarden und einen für die Aschkenasen.

Nach der jeweiligen Tradition sind aschkenasische Grabsteine stehend, sefardische horizontal liegend oder zum Kopfende aufsteigend leicht geneigt. Im Folgenden werden nur die Besonderheiten aschkenasischer Grabsteine thematisiert, wie sie in Westeuropa vorgefunden werden können.

Seit dem Mittelalter war ein jüdischer aschkenasischer Grabstein über mehrere Jahrhunderte unverändert eine einfache aufrecht stehende Stele. Sie war oben rechteckig oder mit einem Halbbogen abschließend bzw. sie hatte einen Giebel als oberen Abschluss. Diese Stelen waren Ausdruck des religiösen Ideals der Bescheidenheit und auch der sichtbaren Gleichheit aller im Tod. Das Spätmittelalter brachte architektonische Einflüsse der Gotik ein und im Barock kamen reiche Verzierungen hinzu. Bis dahin waren die Inschriften immer ausschließlich in Hebräisch, der heiligen Sprache, abgefasst. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet man auf jüdischen Friedhöfen alle Grabsteintypen, Formen und Modelle in allen aufeinanderfolgenden Stilen und Moden bis zum Jugendstil und Art Déco usw. wie sie auch auf christlichen Friedhöfen zu sehen waren oder noch sind (natürlich abgesehen von der Kreuzform). Dies ist naheliegend, denn es waren in der Regel die gleichen (meist nicht-jüdischen) Steinmetze, die für beide Konfessionen nach den gleichen Musterbüchern den Angehörigen Grabsteinmodelle anboten und diese dann ausführten.  

Die Emanzipation, die aufkommende sozialistische Bewegung, die Idee der Nation und der politische Antisemitismus waren für die deutschen Juden prägende Entwicklungen im 19. Jahrhundert. Wie konnten sie sich in die deutsche Gesellschaft integrieren und dabei gleichzeitig ihre jüdische Identität bewahren? Das war die Frage, vor welche sie sich ständig gestellt sahen, und daraus folgten sehr unterschiedliche Identitäts- und Lebensentwürfe – in Deutschland wie in den europäischen Nachbarländern.

Was ist auf einem jüdischen Grabstein zu sehen?

Zunächst fällt auf, dass, zumindest auf älteren Grabsteinen, die Inschrift vertieft eingehauen ist. Dies soll, im Gegensatz zu erhaben herausgearbeiteten Buchstaben, Bescheidenheit zum Ausdruck bringen. Der vertieft in den Stein eingehauene Text war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts die Regel auf aschkenasischen Grabsteinen in ganz Europa und Ausnahmen mit erhabenen Inschriften ganz selten. Seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wird von den Angehörigen oft für eine erhabene Inschrift optiert. Es geschieht meistens eher aus Unwissenheit, was die religiösen Traditionen anbelangt, denn aus absichtlicher und bewusster Missachtung der Bräuche.

Hebräische Grabinschriften

Die Inschriften alter jüdischer Grabsteine aus der Zeit vom Mittelalter bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, es wurde bereits erwähnt, sind in der Regel nur in Hebräisch verfasst. Hebräisch wird von rechts nach links geschrieben und gelesen. Die heute noch übliche Variante des hebräischen Alphabets, deren Ursprünge etwa ab 500 v. Chr. nachweisbar sind, nennt man Quadratschrift. Da Hebräisch außerdem nur mit Konsonanten, also ohne Vokale geschrieben wird, können manche Buchstabenkombinationen unterschiedlich gelesen werden: die Buchstabenfolge BCH im Deutschen kann z.B. für „Buch“, „Bach“ oder den Familiennamen „Boch“ stehen. Hier sind der Kontext und das Wissen des Lesers ausschlaggebend für die richtige Entscheidung. Ausnahmen sind lediglich Gebetbücher, Pentateuchs oder Lehrbücher für die Hebräische Sprache, die vokalisiert sind, damit sie leichter lesbar sind. Zeichen für die Vokale wurden erst in der Zeit zwischen dem 6. und 10. Jahrhundert entwickelt, um die Lesung des Konsonantentextes der heiligen Schrift für den gottesdienstlichen Vortrag zu fixieren. Die Quadratschrift besteht aus Großbuchstaben. Die hebräische Schreibschrift wurde erst im 18. Jahrhundert entwickelt. Sie wird wie die Quadratschrift ohne Vokale geschrieben und für Hebräisch und Jiddisch verwendet.

Die Darstellung von Zahlen in Hebräisch

Das Hebräische kennt wie das alte Griechisch oder wie Latein keine besonderen Zeichen, um Zahlen darzustellen; diese werden mit Buchstaben notiert, denen Zahlenwerte zugeordnet sind. Um anzuzeigen, dass es sich bei einer Buchstabengruppe um eine Zahl und nicht um ein Wort handelt, werden Anführungszeichen vor dem letzten Konsonanten gesetzt, d.h. rechts vom Buchstaben, der am weitesten links steht. Wenn die Zahl aus nur einem Buchstaben besteht (wie beispielsweise für die Zahlen von 1 bis 9, 10, 20,…, 100, 200, usw.), wird nur ein Apostroph, links des Buchstabens notiert. Ein Apostroph wird auch benutzt, um die Abkürzung eines Wortes zu kennzeichnen. Manchmal werden Punkte auf den Buchstaben statt Apostrophen verwendet.

Die Konvertierung von Daten und die „Kleine Zählung“

Die jüdische Jahreszählung nimmt die Erschaffung von Adam und Eva nach biblischer Erzählung zum Ausgangspunkt (nicht die Erschaffung der Welt, wie man es oft fälschlich lesen kann!), die nach gelehrten Berechnungen im Jahre 3761 vor Chr. stattgefunden haben soll.

Wenn es darum geht, Kalenderjahre anzugeben, so wird insbesondere auf Grabsteinen, um Platz zu sparen, der Wert für den Tausender (zurzeit 5) oft nicht angegeben, weil er selbstverständlich ist; dies nennt man die „Kleine Zählung“.

Als Faustregel für das Umrechnen einer Jahreszahl aus dem gregorianischen Kalender in eine jüdische gilt, dass man von der gregorianischen Jahreszahl durch Hinzufügen der Zahl 3760 das jüdische Jahr erhält (z. B. 2015 + 3760 = 5775), wobei der jeweilige Zeitpunkt des jüdischen Neujahrs im Herbst (September/Oktober) berücksichtigt werden muss, um zu wissen, ob innerhalb eines bestimmten weltlichen Jahres jüdischerseits z. B. noch das alte Jahr oder schon das neue Folgejahr geschrieben wird.

Möchte man aus einer jüdischen Jahresangabe, etwa auf einem Grabstein, das Jahr nach gregorianischer Zeitrechnung errechnen, addiert man die jüdische Jahreszahl nach der „Kleinen Zählung“ (d.h. abzüglich 5000) mit der Zahl 1240, da das Jahr 1240 dem Jahr 5000 nach jüdischer Zeitrechnung entspricht (z. B. für 5776: 776+1240 = 2016 ). Auch bei einer solchen Berechnung ist zu berücksichtigen, dass das kalendarische Neujahr des Judentums im Herbst liegt und daher die ersten jüdischen Monate des neuen Jahres (Tischri, Marcheschwan, Kislew, Tewet) noch in dem vorangegangenen gregorianischen Jahr liegen.

Vor dem  Aufkommen des Internets behalf man sich bezüglich der Konvertierung von Daten aus den beiden Kalendern mit Tabellen, die jeweils für einen Zeitraum von etwa 100 Jahren erstellt wurden. Seither gibt es im Netz mehrere Umrechnungsmaschinen, die in Bruchteilen von Sekunden für jedes beliebige jüdische Datum die Entsprechung im gregorianischen Kalender angeben und umgekehrt jedes weltliche Datum nach dem gregorianischen Kalender in das entsprechende jüdische Datum umwandeln.

Eine der zahlreichen Schwierigkeiten beim Entziffern und Deuten von älteren jüdischen Grabsteininschriften, selbst dann, wenn sie noch gut erhalten und lesbar sind, rührt neben der Unterscheidung zwischen Buchstaben und Zahlen, von der Verwendung zahlreicher Abkürzungen im Inschriftstext. Hier sind Fachwissen und Erfahrung gleichermaßen gefordert.

Die Inschriften

Der hebräische Text älterer Grabsteine folgt meist einem immer wiederkehrenden Schema. Im oberen Teil des Grabsteins beginnt der Text der Inschrift gewöhnlich mit zwei hebräischen Buchstaben - pe und nun - mit Apostrophen dazwischen als Abkürzungszeichen  für „po nikbar“,  „Hier liegt begraben“ oder „po nistar“,  „hier ruht“ . Seltener steht an dieser Stelle die eigentlich schönere Formulierung abgekürzt mit pe und tet  für „po tamun“, „hier liegt geborgen“. Diese Einleitung ist nicht zwingend vorgegeben, jedoch bis in die heutige Zeit weit verbreitet.

Am unteren Ende des Grabsteins, als Abschluss der Inschrift, stehen meistens fünf hebräische Buchstaben taw, nun, tzade, beijt, he: Sie sind ein Akronym, das vokalisiert TaNZBaH lautet und für den hebräischen Segenswunsch „Tehe nischmata zrura bizror hachajim“, „Ihre/Seine Seele möge eingebunden sein in den Bund des ewigen Lebens“, steht.

Die Darstellungsweise dieser fünf Buchstaben auf Grabsteinen variiert oft. Bei älteren Grabsteinen sind sie manchmal einfach dem Fließtext der Inschrift am Ende angefügt.  In neuerer Zeit, da die Inschriften immer karger werden und wenig Platz auf dem Grabstein einnehmen, befindet sich dieses Akronym gesondert auf der letzten Zeile der Inschrift. 

Danach wird der hebräische Name der/des Verstorbenen genannt  - nach dem Muster: Vorname - Sohn des/Tochter des - Vorname des Vaters.  Ab dem 18. Jahrhundert wird auch der weltliche Name auf dem Grabstein festgehalten. Bei verheirateten Frauen ist bei älteren Grabsteinen auch der hebräische Name des Ehemannes angegeben.

Besonderheiten der landessprachlichen Inschriften

In der Regel sind die landessprachlichen Inschriften keine reinen Übersetzungen des hebräischen Textes. Vielmehr ergänzen sie diesen mit anderen Informationen, z. B. dem weltlichen Namen, dem gregorianischen Sterbedatum, dem Alter der verstorbenen Person und/oder stereotypen Formeln aus der nichtjüdischen Tradition wie „Hier ruht in Gott“, „Ruhe sanft“ oder „Friede seiner/ihrer Asche“, „Sanft in Gott entschlafen“ usw.

Die formelhafte Inschrift „Friede seiner/ ihrer Asche“, die in deutschsprachigen Inschriften des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts recht häufig auch auf jüdischen Grabsteinen im Saarland vorkommt, ist nicht wörtlich gemeint, hier ist das Wort „Asche“ lediglich eine poetisch gemeinte Metapher, um die physischen Überreste zu bezeichnen. Krematorien entstanden nachweislich erst später als die betreffenden Beisetzungen.

Grabsteindekor – Grabsteinsymbolik

Die hebräische Quadratschrift hat bereits von Natur aus einen ornamentalen Charakter. Wenn eine Grabinschrift schön und regelmäßig ausgeführt ist, ergibt sich fast automatisch eine harmonische Wirkung. Damit begnügte man sich auch bis ins hohe Mittelalter und teilweise darüber hinaus. Bestenfalls wurde der Rahmen um die Inschrift ornamental gefasst. Jüdische Grabsteine wurden und werden jedoch seitdem auch mit Symbolen geschmückt  bzw. haben als Monumente die Form eines symbolischen Gegenstandes wie z. B. ein aufgeschlagenes Buch.

 

  1. Einige jüdische Symbole:

Besonders typische oft wiederkehrende jüdische Grabsteinsymbole sind z. B.:

Segnende Hände (mit in Zweiergruppen gespreizten Fingern) als Zeichen, dass hier ein Kohen, ein Nachfahre der Priester, liegt. Dies gilt auch schon für Kindergrabsteine.

Die Kanne der Leviten: Das traditionelle Symbol weist auf einen Nachkommen des Stammes Lewi hin. Die Kanne der Leviten kann - wie die segnenden Hände der Priester - vielfältige Ausgestaltungen annehmen. Man findet zuweilen eine Kanne allein dargestellt oder aber eine Kanne mit Schüssel (in welcher das Wasser bei der rituellen Waschung wieder aufgefangen wurde), manchmal auch mit einem Tuch bzw. eine Schüssel mit Tuch.

Ein Davidstern: Wörtlich übersetzt bedeutet „Magen David“, „Schild Davids“.

Ein Stern: Sterne als Ornamente sind seit Jahrhunderten ein beliebtes Motiv auf jüdischen Grabsteinen. Sie sind fünf- oder siebenzackig und nicht zu verwechseln mit dem sechszackigen Davidstern.

Eine Menora: Die „Menora“ war der im Tempel zu Jerusalem ewig brennende siebenarmige Leuchter.

Ein aufgeschlagenes Buch: Dem Buch kommt innerhalb des Judentums, das gerne auch als „Volk des Buches“ tituliert wird, eine wichtige Bedeutung zu. Denn dem (Tora- und Talmud-) Lernen und den „Buchberufen“ wird größte Wertschätzung entgegengebracht. Daher hat das Buch als Symbol Eingang auf jüdischen Friedhöfen gefunden.

 

  1. Symbole aus der nicht-jüdischen humanistischen Bildungstradition

Ein Äskulapstab: Er schmückt häufig die Grabsteine von Ärzten auch auf jüdischen Friedhöfen und auch im Saarland.

Ein Äskulapstab mit Schlange und Schale: Als altes Standeszeichen der Apotheker ist dieses Symbol ebenfalls auf jüdischen Grabsteinen abgebildet.

Ein abgebrochener Baumstamm (Eichbaumstumpf): Für einen jung verstorbenen Mann.

Ein Blüten- bzw. Blätterkranz: Ein stilisierter, kreisrunder aus Blüten oder Blättern zusammengesetzter Kranz symbolisiert den Kreislauf des ewigen Lebens und steht für die Hoffnung auf Auferstehung. Manchmal bildet er den Rahmen für einen in seiner Mitte dargestellten Davidstern; zuweilen hängt der Kranz auch an einer abgebrochenen Säule oder an einem naturalistisch nachgebildeten steinernen Baumstumpf.

Eine Fackel: Eine oder zwei nach unten gerichtete erloschene Fackel(n) für das verlöschte Leben.

Eine Waage: Hinweis auf einen Rechtsanwalt.

Vereinte Hände der Liebenden(„Handtreu“): Eine Männerhand, die eine Frauenhand hält, als Zeichen ewiger Liebe und Treue über den Tod hinaus.

Mohnblumen, Mohnkapseln: Als Symbol für den ewigen Todesschlaf.

Eine offene leere Muschel oder eine Konche: Als Vanitas-Symbol für Vergänglichkeit.

Ein Palmblatt: Ein „Palmwedel“ oder zwei sich überkreuzende Palmblätter, oft  „trauernd“ nach unten gerichtet.

Eine abgeknickte Rose: Für ein jung verstorbenes Mädchen oder eine junge Frau.

Eine abgebrochene Säule: Für jung Verstorbene beiderlei Geschlechts.

Eine Sanduhr: Für die abgelaufene Zeit.

Eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt: Als Sinnbild der Ewigkeit.

Ein Schmetterling: Für die Metamorphose der weiterlebenden, unsterblichen Seele.

Eine Urne: Als Symbol für die sterblichen Überreste eines geliebten Menschen.

Floraler Dekor: Als Sträuße in Vasen oder Körben, als Girlanden und in vielfachen anderen Variationen und Kombinationen ist floraler Dekor ab dem 19. Jahrhundert meist, aber nicht ausschließlich, auf Frauengrabsteinen zu sehen.

Jüdische Grabsteinsymbolik heute

Auf europäischen Grabsteinen nach 1945 ist der Davidstern, abgesehen von den segnenden Händen der Kohanim oder der Kanne der Leviten mit Schüssel oder Handtuch und dem Äskulapstab so ziemlich das einzige Symbol, das man noch auf jüdischen Grabsteinen findet.

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