Manny Kirchheimer
Am 5. November 2020 beschloss der Saarbrücker Stadtrat Manny Kirchheimer die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Die Coronapandemie verzögerte die Verleihung, die schließlich online erfolgte. Die vom Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt unterzeichnete Verleihungsurkunde würdigt Manny Kirchheimer als Humanisten: „Die Themen seiner Filme sind Visionen einer besseren Welt, die in Zukunft menschlicher, umweltfreundlicher und solidarischer gestaltet werden sollte“.
Manny Kirchheimer wurde am 2. März 1931 in Saarbrücken als Manfred Alexander Kirchheimer geboren. Sein Vater Bertold Kirchheimer war 1924 von Dortmund nach Saarbrücken gekommen und seit 1929 Werbechef und Graphiker beim Kaufhaus E. Weil &Söhne (später: Weinhold) in Saarbrücken (Bahnhofstr. 29-35 und Futterstr. 1-3).
Nebenher zeichnete er zahlreiche Karikaturen für die Saarbrücker Zeitung. Ab Anfang 1927 bis Ende Oktober 1935 wohnte die Familie in der Schmollerstraße 23. Im Jahr 1936 wurde Bert Kirchheimer wegen „nichtarischer Abstammung“ mit Berufs- und Arbeitsverbot belegt. Manny Kirchheimers Eltern emigrierten mit ihrem Sohn nach den USA. Dort wurde Manny später u.a. Art-Direktor des renommierten Wirtschaftsmagazins „Forbes".
Nach dem Besuch der New York City Public Schools studierte Manfred Kirchheimer von 1948 bis 1952 bei dem bekannten deutschstämmigen Dada-Künstler und Filmemacher Hans Richter an dessen Institute of Film Techniques am City College of New York und erwarb dort den Bachelor of Arts.
Die folgenden 24 Jahre arbeitete er als Cutter, Regisseur und Kameramann in der New Yorker Filmindustrie. Als Cutter schnitt er über 300 Filme für die großen amerikanischen Fernsehsender ABC, CBS, NBC und National Educational Television. Gleichzeitig arbeitete er mit den Regisseuren Hans Richter, Jay Leyda und Leo Hurvitz zusammen und finanzierte seine eigenen Filme. Manfred Kirchheimer unterrichtete Film an der Columbia University und am New York Institute of Technology. Seit 2014 ist er Professor of Film an der New York School of Visual Arts.
Manny Kirchheimers bekanntester Film ist „Stations of the Elevated" (1979, 46 Min), eine Dokumentation über illegale Graffiti auf den Wagen der New Yorker S-Bahn (the „Elevated“, weil Gleiskörper auf Stelzen), der 1980 auf der Mannheimer Filmwoche gezeigt wurde. In seinem Film „Spraymasters“ von 2007 knüpfte Kirchheimer daran an und ließ vier der ehemaligen Graffitisprüher über die 1970er Jahre berichten und ihren späteren Erfolg als Street-Art-Künstler.
Zwischen 1981 und 1985 führte Kirchheimer Interviews mit jüdischen Emigranten aus Deutschland, vor allem Bewohner des New Yorker Stadtteils Washington Heights, aber auch Friedl Heilbronner, der Schwester des in Saarbrücken geborenen Filmregisseurs Max Ophüls. Der daraus entstandene Film „We Were So Beloved" wurde 1986 zusammen mit „Shoah“ von Claude Lanzmann bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin gezeigt. Weitere Filme Kirchheimers beschäftigen sich mit Bildender Kunst und Architektur.
Im Oktober 1978 kehrte er zum ersten Mal wieder nach Deutschland zurück zur Vorführung seines Films „Short Circuit" im Wettbewerb der Mannheimer Filmwoche.
Dort ergab sich ein Kontakt zu dem Journalisten Michael Beckert (Saarbrücker Zeitung) und ein spontaner Kurzbesuch von zwei Stunden in Saarbrücken vor seinem Rückflug ab Luxemburg. 1987 ehrte ihn das SZ-Filmfestival in der „Camera" mit einer ersten Retrospektive. Die Landeshauptstadt empfing ihn mit einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Im Jahr 1989 wurde er in die Jury des Filmfestivals Max Ophüls Preis berufen. Nachfolgend war er viele Jahre ständiger Ehrengast des Festivals und stellte mit dem Programm "New Yorker Kurzfilme" Arbeiten seiner Studenten vor.
Im Jahr 2003 erhielt er den „Filmhaus Ehren Award“, 2005 die Ehrenplakette der Stadt Saarbrücken.
2017 ehrte ihn das Museum of Modern Art in New York mit einer Komplettretrospektive von damals 13 Filmen. Seitdem entstand ein weiterer Film „Free Time“ (2019) aus Material auf Schwarz-Weiß, das er mit Walter Hess zwischen 1958 und 1960 in New York gedreht hatte.