Fabriken

Autor: Hans-Christian Herrmann

Jüdische Fabriken in Saarbrücken

Im Bereich der deutschen Textilfabrikation gab es viele jüdische Unternehmen. Die weitere Industrialisierung der Textilindustrie und einige Jahre später die Entwicklung der Kunstfaser in Verbindung mit neuen Färbungstechniken ermöglichte es, Stoffe zu günstigeren Preisen anzubieten und spätestens in den 1920er Jahren boomte die Konfektionswarenproduktion. Seitdem prägten und förderten Modetrends die Nachfrage, Mode wurde zum Massenphänomen und war Teil des Modernisierungsschubes der 1920er Jahre.

Die Textilindustrie der Weimarer Republik steht für den einzigen Industriezweig mit einer starken jüdischen Präsenz von ca. 40 Prozent. In diesen Betrieben arbeiteten ca. 22.000 osteuropäische Jüdinnen und Juden. Die Textilwarenhäuser brachten diese Produktion an den Endverbraucher. Viele dieser Geschäfte waren mit dem unternehmerischen Engagement von jüdischen Personen verbunden.

Jüdische Textilfabriken in Saarbrücken

Auch in Saarbrücken gab es eine Vielzahl von kleinen Kleiderfabriken, die von  jüdischen Männern und Frauen aufgebaut oder geführt wurden: Kleiderfabrik Simon Hirsch in der Futterstraße, L. Kutschera in der Triererstraße 27, Siegmund Strauss, Gebrüder Lieser Hemdenfabrik und Kleiderfabrik Arthur Levy.

Ferner sind zu nennen die Krawattenfabrik Herz in der Karcherstraße 5 und die Krawattenfabrik Wertheimer & Kahn in der Kaiserstraße 35, die Hosenträger- und Gürtelfabrik Bermann in der Viktoriastraße 11 sowie die Korsettfabrik Daniel in der Bahnhofstraße 82/Rathausstraße 36.

Tabakherstellung und -handel

Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

Saarbrücken hatte im 19. Jahrhundert insbesondere in St. Arnual handwerkliche Tabakbetriebe.

Insbesondere die Tabakwarenindustrie und der Tabakwarenhandel waren auch in Saarbrücken mit einer Reihe von jüdischen Kaufleuten verbunden. Die Gesundheitsgefahren des Tabaks waren bis Mitte der 1940er Jahre kein Thema – im öffentlichen Bewusstsein wurde die Zigarette erst  nach dem Zweiten Weltkrieg giftig.

Tabak-Rauchen galt seit Mitte des 19. Jahrhunderts als entspannender Genuss. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Zigarette auf und trat insbesondere zur Pfeife in Konkurrenz. In den 1920er Jahren wurde sie immer beliebter, vor allem bei Frauen. Zwar genoss bereits Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) Zigaretten, erst in den 1920er Jahren wurde die Zigarette modern. In dieser zu Beginn des 20. Jahrhunderts wachstumsorientierten Branche engagierten sich auch jüdische Kaufleute.

Bekannt war in Saarbrücken die Tabak- und Zigarettenfabrik Jildis, 1919 von John und Hugo Sternheimer gegründet. Anfänglich war das Unternehmen in Saarbrücken angesiedelt, zog dann nach Erwerb der ASTRA-Werke nach Saarlouis und vergrößerte sich dort auch.

Ein weiteres  Unternehmen  dieser Art war die Tabak- und Zigarettenfabrik Lyra von Max Wagowski, polnischer Jude, geboren am 14. Juni 1876 in Lodz, verheiratet mit Regina Karzoswki. Die Wagowskis kamen von Ulm nach Saarbrücken und waren hier seit September 1919 gemeldet, zunächst in der Mainzer Straße 27. Ihre Fabrik befand sich anfangs in der Trierer Straße 34 und dann in der Hohenzollernstraße 33. Bereits 1921 erwarb die Familie eine Villa in der Feldmannstraße 54. Nach Max Wagowskis Tod am 31. August 1923 wurde die Fabrik von Jakob Wagowski geführt. Die Tabakfabrik Lyra hatte weitere Werke in Ulm an der Donau und im luxemburgischen Echternach.    

In Saarbrücken gab es auch einige jüdische Tabakhändler wie Max Kahn, der mehrere Geschäfte betrieb und auch eine Filiale in Dudweiler unterhielt, ferner Hermann Rothensies, der 1909 in der Bahnhofstraße einen Zigaretten- und Zigarrengroßhandel eröffnet hatte. Zu nennen ist auch die Saarbrücker Zigarettenfabrik Osman Pascha in der Mainzer Straße 27, der früheren Adresse von Wagowski. Er verkaufte seine Zigaretten unter anderem über in der Stadt verteilte Zigarettenautomaten.

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Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

Werbung für Lyra und Jildis Zigaretten. Anzeigen, Adressbuch 1924. - Stadtarchiv Saarbrücken.

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Werbung für Jyldis-Zigaretten 1949, Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch - Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch.

Werbung für Jyldis-Zigaretten 1949, Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch - Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch.

Werbung für Jyldis-Zigaretten 1949, Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch - Saarländisches Industrie- und Handelsadressbuch.

Weitere Fabriken

Unter dem Namen Palotto produzierten im Meerwiesertalweg Peter und Johann Barth sowie Hans und Paul Feibelmann Schuhwichse und Bohnerwachs. Sally und Robertine Kirchheimer betrieben in der Triererstraße 11 eine Papierwarenfabrik. Ihr Unternehmen zählte ca. 4000 Kunden und beschäftigte bis zu 100 Mitarbeiter.

Ein stattliches Unternehmen war der Düngermittelhandel und die Düngermittelfabrik von Isidore Simon, der diese zusammen mit seinem Schwiegersohn Gottfried Marx  betrieb.  Dazu gehörte eine Großhandlung für künstliche Düngemittel und eine Düngermittelfabrik im lothringischen Ückingen. Beide waren sehr vermögend und erwarben das Anwesen Heinestraße 7 und 9. Die Familie emigrierte 1935 nach Luxemburg. Gottfried starb 1940 in Frankreich, seine Frau 1947.

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