Kaufhäuser

Autor: Hans-Christian Herrmann

Werbung des Passage-Kaufhauses, - Saarbrücker Zeitung, 29.1.1928.

Werbung des Passage-Kaufhauses, - Saarbrücker Zeitung, 29.1.1928.

Werbung des Passage-Kaufhauses, - Saarbrücker Zeitung, 29.1.1928.

Kauf- und Warenhäuser revolutionierten im ausgehenden 19. Jahrhundert den Handel. Es waren jüdische Familien wie Wronker, Wertheim, Schocken und Tietz, die im Deutschen Kaiserreich die Warenhausidee erfolgreich umsetzten. Dies galt auch für Saarbrücken mit den Kaufhäusern Weil, Levy und dem Passage-Kaufhaus. Die Begriffe Waren- und Kaufhaus sind  gleich bedeutend. Sie bezeichnen Geschäfte, die ein breites Sortiment anbieten, das neben Textilien etwa auch Haushaltsgegenstände, Lederwaren, Spielsachen, Möbel, Gardinen und Teppiche umfasst.

 

Kauf- und Warenhäuser: Die neue Art des Verkaufens industriell hergestellter Waren

Industrialisierung steht nicht nur für Kohle, Eisen und Stahl, sondern auch für die Mechanisierung der Arbeit.  Was früher von in Zünften organisierten Handwerkern als Einzelstück und auf Bestellung vor allem mit den eigenen Händen geschaffen wurde, wurde nun in Massen und in Serie mit Maschinen im Voraus hergestellt. Die Ware musste nun rasch verkauft werden, dazu entstanden Warenhäuser und Kaufhäuser sowie ein auf bestimmte Waren spezialisierter Einzelhandel wie bspw. Textilfachgeschäfte, Schuhgeschäfte und Möbelhäuser.  

Die Ware wurde in Schaufenstern präsentiert, die vor allem ab der Jahrhundertwende zunehmend auch nachts beleuchtet waren. Während zuvor Handwerk und Manufakturen auf Bestellung des Kunden Waren fertigten, konnte der Kunde nun frei aus bereits produzierter Ware wählen und vor allem vor dem Kauf die fertige Ware sehen, fühlen und bspw. anprobieren.

Das war revolutionär. Revolutionär war auch die Breite des Sortiments und dessen Tiefe, also aus einer großen Anzahl von Marken und Qualitäten frei wählen zu können. Neu war ebenfalls das Verkaufen zu ausgezeichneten Festpreisen mit Barzahlung an der Kasse. Die Preise waren damit für alle Menschen gleich und in der Regel bestand Umtauschmöglichkeit. Die Kunden konnten flanieren, anfassen, an- und ausprobieren und sich inspirieren lassen, ohne den Zwang, beim Betreten des Geschäfts auch etwas kaufen zu müssen.

Gesellschaftlich stand das moderne Verkaufen für einen Abbau von gesellschaftlichen Privilegien, denn der Zugang zu einem Warenhaus war allen gesellschaftlichen Schichten möglich. Gesellschaftlich und wirtschaftlich höher Gestellte konnten mit Geschick bei einem Schneider oder Schuhmacher den Preis frei aushandeln. Gute Bonität, und die Hoffnung auf Anschlussgeschäfte, veranlassten manchen Handwerker, gerade sozial gut Gestellten günstigere Preise einzuräumen und sie sozusagen zu hofieren. Dagegen richtete sich das moderne Verkaufen an die Massen und förderte so die gesellschaftliche Gleichheit (Egalität). Die Preise waren für alle gleich und die gesellschaftlichen Unterschiede der Kunden verloren enorm an Bedeutung.

Die industriell in Fabriken produzierten Waren waren viel billiger als das Handwerk. Weite Teile der Bevölkerung konnten erst mit den Kauf- und Warenhäusern Dinge erwerben, die vorher unerschwinglich waren oder nur mit Mühe und größten Entbehrungen angeschafft werden konnten.

Handwerker wie z. B. Schneider, Schuster oder Schreiner fühlten sich von dieser Entwicklung bedroht. Die NS-Propaganda nahm deren Ängste auf wie auch das Gefühl einer Deklassierung der Handarbeit durch die Maschinenkraft. Mechanische Webstühle und chemische Färbungsverfahren in Verbindung mit speziellen Nähmaschinen (Doppel-Steppstich-Nähmaschinen) stehen für die Industrialisierung der Textilwirtschaft. Textilfabriken entstanden, die Konfektionswaren produzierten. Band- und Kreissägen förderten zusammen mit leistungsfähigen Sägewerken das Entstehen einer Möbelindustrie. Und diese Entwicklung setzte sich in der gesamten Wirtschaft fort.

Werbung des Passage-Kaufhauses. Hier gab es fast alle Güter des täglichen Bedarfs, auch Möbel. - Saarbrücker Zeitung, 23.9.1928.

Werbung des Passage-Kaufhauses. Hier gab es fast alle Güter des täglichen Bedarfs, auch Möbel. - Saarbrücker Zeitung, 23.9.1928.

Werbung des Passage-Kaufhauses. Hier gab es fast alle Güter des täglichen Bedarfs, auch Möbel. - Saarbrücker Zeitung, 23.9.1928.

Auch wenn es in Saarbrücken viele jüdische Kaufhäuser gab, so bestimmten sie nicht allein diese Branche. Zu den großen Kauhäusern zählte auch das Geschäft von Arnold Becker. Sein Kaufhaus Gebrüder Sinn sollte sich im Lauf der Jahre zu einem großen Unternehmen entwickeln. Wie die vergleichbaren Geschäfte jüdischer Kaufleute erlebte es seit seiner Gründung 1878 ein ständiges Wachstum mit Erweiterungen und einem Neubau 1908. - Stadtarchiv Saarbrücken, Allgemeine Fotosammlung, Nr. 6455.

Auch wenn es in Saarbrücken viele jüdische Kaufhäuser gab, so bestimmten sie nicht allein diese Branche. Zu den großen Kauhäusern zählte auch das Geschäft von Arnold Becker. Sein Kaufhaus Gebrüder Sinn sollte sich im Lauf der Jahre zu einem großen Unternehmen entwickeln. Wie die vergleichbaren Geschäfte jüdischer Kaufleute erlebte es seit seiner Gründung 1878 ein ständiges Wachstum mit Erweiterungen und einem Neubau 1908. - Stadtarchiv Saarbrücken, Allgemeine Fotosammlung, Nr. 6455.

Auch wenn es in Saarbrücken viele jüdische Kaufhäuser gab, so bestimmten sie nicht allein diese Branche. Zu den großen Kauhäusern zählte auch das Geschäft von Arnold Becker. Sein Kaufhaus Gebrüder Sinn sollte sich im Lauf der Jahre zu einem großen Unternehmen entwickeln. Wie die vergleichbaren Geschäfte jüdischer Kaufleute erlebte es seit seiner Gründung 1878 ein ständiges Wachstum mit Erweiterungen und einem Neubau 1908. - Stadtarchiv Saarbrücken, Allgemeine Fotosammlung, Nr. 6455.

Vorstellung jüdischer Kaufhäuser in Saarbrücken

Das 1920 eröffnete Passage-Kaufhaus war das größte Kaufhaus des Saargebietes und gehörte zum Konzern der jüdischen Familie Tietz mit Sitz in Köln. Geführt wurde die Saarbrücker Filiale von dem jüdischen Kaufmann Martin Cohn. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

Das 1920 eröffnete Passage-Kaufhaus war das größte Kaufhaus des Saargebietes und gehörte zum Konzern der jüdischen Familie Tietz mit Sitz in Köln. Geführt wurde die Saarbrücker Filiale von dem jüdischen Kaufmann Martin Cohn. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

Das 1920 eröffnete Passage-Kaufhaus war das größte Kaufhaus des Saargebietes und gehörte zum Konzern der jüdischen Familie Tietz mit Sitz in Köln. Geführt wurde die Saarbrücker Filiale von dem jüdischen Kaufmann Martin Cohn. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

In Saarbrücken konzentrierten sich die Kaufhäuser und Einzelhandelsfachgeschäfte in der Bahnhofstraße. Mindestens 50.000 Menschen kamen hier täglich vorbei und die Namen vieler Geschäfte zeigten mit den typisch jüdischen Namen die jüdische Identität ihrer Eigentümer. Die im Lauf der Jahre immer größer werdenden Kaufhäuser bestimmten das Straßenbild und schmückten das Bild von Straßen und Plätzen. Die zahlreichen jüdischen Geschäftsnamen lasen die Menschen täglich in den Tageszeitungen. Ganzseitige Anzeigen und ein mehrere Seiten umfassender Werbeteil prägten die Presse der 1920er Jahre.

Zu den ältesten Kaufhäusern Saarbrückens zählt das von Emanuel Lyon gegründete Kaufhaus Lyon & Söhne. Emanuel Lyon hatte zunächst in Spiesen 1857 ein Kaufhaus  gegründet, wohl 1861 eröffnete er mit seinem Sohn dann ein weiteres Geschäft in der St. Johanner Bahnhofstraße. Es folgten Zweigniederniederlassungen in Burbach (1887), Völklingen, aber auch in Luxemburg, Saargemünd und Forbach. Mit dem Ende der Reichslandzeit (Wegfall von Elsass-Lothringen) verlor er wie viele andere Kaufleute die lothringischen Standorte. Lyon war verwandt mit der Familie Wronker, auch sie zählte zu den Kaufhaus-Pionieren an der Saar. Wronker produzierte wie viele Kaufhäuser ein Teil seiner Textilien selbst, so etwa Militärhemden im Ersten Weltkrieg.    

Kaufhaus Wronker und Passage-Kaufhaus:  Simon Wronker hatte in der Bahnhofstraße 1897 das erste große Warenhaus des Saargebietes eröffnet. Es sollte sich zum lange Zeit größten Kaufhaus von Saarbrücken wie auch des gesamten Saargebietes entwickeln. 1919 hatte die in Köln ansässige Leonhard Tietz AG die Immobilie übernommen und im Dezember 1920 dort ein neues und vor allem noch größeres Warenhaus, das Passage-Kaufhaus, eröffnet. Über Jahrzehnte war es das größte Warenhaus des Saargebietes beziehungsweise des Saarlandes. Direktor des Saarbrücker Passage-Kaufhauses wurde der jüdische Kaufmann Martin Cohn, er kam im März 1920 von Köln nach Saarbrücken. Cohn war am 30. Juni 1874 in Tarnowitz (Oberschlesien) geboren worden. Er war Mitglied im Saarbrücker Rotary-Club, der vor allem von Führungspersönlichkeiten aus den Bereichen Eisen und Stahl gegründet und getragen wurde. Neben Cohn gab es zumindest ein weiteres jüdisches Mitglied, das zu den Gründungsmitgliedern des Saarbrücker Clubs gezählt haben soll.

Werbung, - Saarbrücker Zeitung, 4.2.1928.

Werbung, - Saarbrücker Zeitung, 4.2.1928.

Werbung, - Saarbrücker Zeitung, 4.2.1928.

Kaufhaus Israel & Cie, Bahnhofstraße 84: Der aus einer bedeutenden Rabbinerfamilie stammende Max James Emden und Salomon Albert Israel (1859-1930) suchten im Winter 1884 für das Hamburger Engros-Lager auch eine Verkaufsstelle in St. Johann. Kurz darauf eröffnete Israel das gleichnamige Kaufhaus in der Bahnhofstraße 96 im Gebäude des ehemaligen Hotels Korn. Er führte es zusammen mit seiner Ehefrau Dora und zwei Mitarbeiterinnen. Bereits ein paar Jahre später ging es steil aufwärts. 1887 erwarben sie von Gustav Schmoll ein neues Gebäude in der Bahnhofstraße 87. Bereits 1892 wurde es weiter ausgebaut. Inzwischen arbeiteten bei Israel 30 Beschäftigte. 1898 wurde dann in der Bahnhofstraße 72 das ehemalige Hotel Krokodil von Israel erworben und umgebaut. Bei der Eröffnung im Jahr 1900 zählte das Kaufhaus Israel  bereits schon ca. 100 Angestellte. Sohn Paul folgte im Unternehmen, 1922 wurde wieder umgebaut und erneut erweitert. Israel unterhielt Filialen in Sulzbach, Friedrichstal und Neunkirchen.

Werbung des Kaufhauses Israel, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Ansichtskarten, Nr. 3146.

Werbung des Kaufhauses Israel, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Ansichtskarten, Nr. 3146.

Werbung des Kaufhauses Israel, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Ansichtskarten, Nr. 3146.

Kaufhäuser wie auch das von Salomon Israel schmückten die Bahnhofstraße. Stadtarchiv Saarbrücken, - Nachlass Karl August Schleiden.

Kaufhäuser wie auch das von Salomon Israel schmückten die Bahnhofstraße. Stadtarchiv Saarbrücken, - Nachlass Karl August Schleiden.

Kaufhäuser wie auch das von Salomon Israel schmückten die Bahnhofstraße. Stadtarchiv Saarbrücken, - Nachlass Karl August Schleiden.

Werbung für Karnevalskostüme, - Saarbrücker Zeitung, 16.1.1928.

Werbung für Karnevalskostüme, - Saarbrücker Zeitung, 16.1.1928.

Werbung für Karnevalskostüme, - Saarbrücker Zeitung, 16.1.1928.

Kaufhaus Weil: Das 1866 von Emanuel Weil gegründete Kaufhaus E. Weil & Söhne  befand sich zunächst in der Bahnhofstraße 31 bis 35 und der Futterstraße 1-3. Bereits fünf Jahre später vergrößerte es sich in der Bahnhofstraße 36. Anfänglich war es recht klein und im Erdgeschoss mit zwei Schaufenstern untergebracht. Zunächst verkaufte Weil nur Baumwollwaren und Kleiderstoffe, dann folgte Konfektionsware, später Teppiche, Möbel und bspw. auch Betten. In den 1920er Jahren beschäftigte das Kaufhaus Weil nun 400 Angestellte. 1924 vergrößerte es sich erneut und bot nun auch eine Parfümabteilung. Es war wohl neben dem Passage-Kaufhaus das größte Kaufhaus im Saargebiet. Weil erwarb zudem Beteiligungen an anderen Kaufhäusern in Deutschland. Mehrfach wurde das Saarbrücker Kaufhaus Weil modernisiert und erweitert.

Die Leuchtschilder der Kaufhäuser schenkten zusammen mit beleuchteten Schaufenstern der Bahnhofstraße ein großstädtisches Flair. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

Die Leuchtschilder der Kaufhäuser schenkten zusammen mit beleuchteten Schaufenstern der Bahnhofstraße ein großstädtisches Flair. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

Die Leuchtschilder der Kaufhäuser schenkten zusammen mit beleuchteten Schaufenstern der Bahnhofstraße ein großstädtisches Flair. - Stadtarchiv Saarbrücken, Nachlass Karl August Schleiden.

Werbung von Weil, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Bahner.

Werbung von Weil, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Bahner.

Werbung von Weil, - Stadtarchiv Saarbrücken, Sammlung Bahner.

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