Schrott- und Eisenhandel
Eisenwaren und Schrotthandel – auch in Saarbrücken eine Branche mit jüdischen Geschäftsleuten
Im Zuge der Industrialisierung entstand ein blühender Handel mit Eisenwaren, da Eisen und Stahl alle Lebensbereiche bestimmte, insbesondere auch das Bauen und Wohnen.
Auch der Handel mit Schrott spielte in Regionen mit Hüttenwerken eine Rolle.
In Saarbrücken gab es einige von Juden geführte Unternehmen in dieser Branche wie Garelly (ab 1927 von der aus St. Ingbert stammenden jüdischen Familie Beer geführt), Gebrüder Gans und die Ferrum GmbH (Otto Lazar und Hermann Worms), aber auch eine Vielzahl von nicht-jüdischen Firmen wie etwa das Eisenwarengeschäft Kautz.
Der Eisenwarenhandel
Der Schrotthandel führte Metalle wieder den Hütten zu und die Eisenwarenhandlungen verkauften eine breite Produktpalette von Beschlägen, Schrauben, Nägeln und Werkzeugen wie bspw. Hammer, Sägen und Schraubgeräte bis zu Haushaltsgeräten wie bspw. Öfen und überhaupt Hausrat jeder Art.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert war noch viel Geschirr aus Weißblech und Kupfer im Gebrauch, das gab es in Eisenwarenhandlungen, später auch die sehr verbreiteten Konserven- bzw. Einweckgläser.
Die Kundschaft der Eisenwarenhandlungen war genauso vielfältig wie ihre Produkte. Neben Industrie, Handwerk und Landwirten kauften auch Verliebte hier ein, denn wenn es um das Heiraten und die sogenannte Aussteuer ging, führte der Weg wegen der vielen Haushaltsgegenstände vor allem zur Eisenwarenhandlung.
Im Zuge der Entwicklung der Energieversorgung erweiterten Eisenwarenhandlungen ihr Angebot um Gasöfen und Elektroartikel. Das erste elektrische Licht ging in St. Johann übrigens im Neufang‘schen Saal 1896 an. Eine weitere wichtige Produktgruppe der Eisenwarenhandlungen bildeten Öfen und Herde.
Im Jahr 1882 gab es im Deutschen Reich fast 5.500 Eisenwarengeschäfte, im Jahr 1907 bereits 13.000. St. Johann zählte 1895 sechs Eisenwarenhändler, einer davon war Camille Levy, der mit Eisen und Metallen handelte, zuletzt in der Försterstraße 35, 1915 verstarb er.
Gebrüder Gans & Co und Ferrum GmbH
Zu bekannten jüdischen Firmen im Bereich Eisenwaren und Schrotthandel zählte in Saarbrücken die Firma Gebrüder Gans & Co. Im Saargebiet gehörte sie zu den größten der Branche. Ihr Hauptbetrieb befand sich zuletzt am Eschberger Weg 33 in Saarbrücken.
Das Unternehmen erweiterte sein Sortiment um Neueisen. Wie groß es aufgestellt war, zeigt die Anzahl seiner Filialen, etwa in Düsseldorf und Mannheim sowie An- und Verkaufsbüros in Paris, München und Köln, ferner Nebenbetriebe im französischen Ueckingen (Uckange) und in Essen, eine Agentur in Berlin und Vertreter in Italien, der Schweiz, Belgien, Frankreich, England und sogar China.
Vergleichbar mit Gans war die Ferrum GmbH. An der Ferrum GmbH in der Mainzerstraße 72-76 war Otto Lazar beteiligt. Zusammen mit Hermann Worms hatte er einen Handel mit Hochofenschlacke und Schrott aufgebaut. Worms und Lazars Ehefrauen waren Schwestern. Der jüdische Kaufmann Lazar führte zudem einen Metallhandel in Saarlouis und verkaufte Schrott an die Hütten in Lothringen, Luxemburg und an der Saar, exportierte aber auch in die Niederlande und nach Frankreich.
Die Familie Beer und andere jüdische Kaufleute
Weitere jüdische Firmen dieser Branche in Saarbrücken waren die Eisengroßhandlung von Siegfried Wolf im Rotenbühlerweg 2 sowie die von Leopold Wolff in der Bruchwiesenstraße. Bekannt in Saarbrücken war die Eisenwarenhandlung Garelly. Hier wurden Schrauben, Nägel, Beschläge, Werkzeuge und vieles mehr verkauft. 1864 hatte Ferdinand Garelly mit dem Eisenwarenhandel begonnen. Er führte seine Eisenwarenhandlung bis ins hohe Alter von 93 Jahren und verstarb im Juni 1923. Das Unternehmen geriet durch die Inflation in eine Krise. Nach einem kurzen Zwischenspiel durch die Firma Wolf, Netter & Jacobi gewann die jüdische Familie Beer 1927 von der gleichnamigen St. Ingberter Eisenhandlung die Aktienmehrheit und führte Garelly bis 1935. Angesichts der Judenverfolgung in Hitler-Deutschland zogen sich die Beers bereits vor der Saarabstimmung 1935 zurück, ihre Firma wurde liquidiert und die Familie Beer emigrierte nach Frankreich.