Cahén, Richard Maximilian
Der Lyriker, Dramatiker, Essayist und Rechtsanwalt wurde am 11. Mai 1890 in Saarlouis geboren, er starb am 9. Mai 1974 in Köln. Sein Vater war der Kaufmann und Saarlouiser Stadtverordnete Julius Cahén. Seine Mutter Esther Ernestine (Erna), geb. Lehmann, stammte aus Köln, wohin die Eltern 1902 mit ihm übersiedelten. Er legte dort sein Abitur ab und studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg i. B., Berlin, München und Bonn. 1914 wurde er in Würzburg promoviert. Er meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger, wegen Kurzsichtigkeit aber zurückgestellt. 1916 wurde er eingezogen. Von 1921 an arbeitete er als Rechtsanwalt in Köln, bis ihm 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung jegliche anwaltliche Tätigkeit untersagt wurde.
Er plante, in die USA zu emigrieren, eine Erblindung auf einem Auge zwei Wochen vor der Abreise verhinderte dies jedoch. Im Oktober 1937 reiste er auf Anraten seines Augenarztes zu einem Kuraufenthalt nach Davos und blieb anschließend in der Schweiz. Er arbeitete dort journalistisch für mehrere Blätter, u. a. die „Neue Zürcher Zeitung“. 1948 kehrte er nach Köln zurück, von 1949 bis 1965 war er dort erneut als Rechtsanwalt tätig.
1910 veröffentlichte er in Köln den Band „Erste Gedichte“, drei Jahre später war er beteiligt an dem Sammelband „Fanale – Gedichte der rheinischen Lyriker“. 1914 erschien sein nächster Gedichtband „Weltfeierabend“, 1919 eine Komödie in vier Akten mit dem Titel „Brandl“. 1939 veröffentlichte er im Stockholmer Exilverlag Bermann-Fischer den Essay „Friedrich Nietzsche und die Juden“. Das Buch wurde in erweiterter Fassung 1985 neu aufgelegt. Texte von ihm sind erschienen u. a. im „Simplicissimus“, der „Neuen Rundschau“ und in der Zeitschrift „Der Strom“.
In seinem Nietzsche-Essay erklärt er die positive Rezeption des Philosophen durch den Nationalsozialismus für ein Missverständnis: Nietzsche sei nicht nur „kein Antisemit“ gewesen, vielmehr habe er den Antisemitismus „aufs schärfste bekämpft“. Der Kampf gegen die Juden, zitiert Cahén den Philosophen, sei „immer ein Zeichen der schlechteren, neidischeren, feigeren Naturen gewesen. Wer jetzt daran Teil nimmt, muß ein gutes Stück pöbelhafter Gesinnung in sich tragen.“
In den 50er und 60er Jahren hat sich Cahén häufig zu aktuellen Fragen der Zeit geäußert, etwa „Israel und das Völkerrecht“, „Israel im Spektrum der Zeit“, „Israel am Scheideweg“, „Israel und der Frieden“. Oder zu Themen wie „Was ist mit dem Befehlsnotstand? Ein Beitrag zum Eichmann-Prozess“ oder „Videant consules – Paraphrase über den Bericht des Bundesministeriums des Inneren über Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik“.
Für die WDR-Reihe „Gedanken zur Zeit“ verfasste Cahén (meist unter Pseudonym) Anfang der 60er Jahre mehrere Features, darunter Hörbilder über Theodor Herzl („Der Armenadvokat der Juden“), Richard Wagner und Nietzsche („Die Geschichte ihrer Freundschaft“), über James Joyce („Seefahrer der Seele“) und weitere Autoren.
Sein Nachlass liegt im Kölner NS-Dokumentationszentrum, darunter eine Übersetzung des Schauspiels „Vautrin“ von Balzac.