Levy, Alfred
Alfred Levy gilt als einer der Protagonisten des Wiederaufbaus des Justizwesens an der Saar sowie der jüdischen Gemeinde im Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg. Von ihrer Gründung im Juni 1946 bis zu seinem Tod im Jahr 1962 bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der neuen Synagogengemeinde Saar. Er stand in engem Kontakt zu Gilbert Grandval und wurde als Fach- und Vertrauensmann der französischen Militärregierung geschätzt. Im August 1946 wurde er zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Saarbrücken berufen. Zudem fungierte er als Mitglied der Verfassungskommission von 1947.
Alfred Levy wurde am 15. November 1888 als Sohn einer alteingesessenen Viehhändlerfamilie in Fraulautern im Kreis Saarlouis geboren. Er studierte Jura, Wirtschaftswissenschaften, Philosophie und Journalistik in Heidelberg, München und Bonn.
Nach Ableistung seines Militärdienstes und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg, für die er mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde, erhielt er eine Anstellung als Assessor in Saarlouis.
Seit 1931 arbeitete er als Hilfsrichter am Obersten Gerichtshof des Saargebietes. Aufgrund seines politischen Engagements wurde er zudem in den Kreisrat der Stadt Saarlouis gewählt. Mit seiner politisch bedingten Entlassung aus dem Staatsdienst 1935 verabschiedete er sich auch als Mitglied des Vorstandes der jüdischen Gemeinde in Saarlouis. Aufgrund der antisemitischen Anfeindungen verließ er mit seiner Familie, Ehefrau Meta (1891-1969), Tochter Marie-Louise (geb. 1925) und Sohn Theo (geb. 1932) das Saargebiet, zunächst Richtung Luxemburg. Die Familie lebte von einer kleinen Rente, die er bis 1941 bezog. Nach Ausbruch des Krieges und der Vertreibung der Exilanten auch aus Luxemburg ließ die Familie notgedrungen alles zurück und floh am 13. Oktober 1940 nach Frankreich. Hier lebte er zunächst sehr beengt mit drei Verwandten in einer Zweizimmerwohnung. In Villefranche-de-Rouergue fand man schließlich eine größere Wohnung und konnte für einige Monate ein annähernd normales Leben führen.
Mit dem Einmarsch deutscher Truppen begannen Gestapo und SS französische Juden aufzustöbern und zu verhaften. Alfred Levy trennte sich daher Anfang 1943 von seiner Familie und konnte in der Nähe von Villefranche bei Bauern unterkommen. Irgendwann begann er nachts, heimlich seine Familie zu besuchen, wurde dabei von der Polizei entdeckt und verhaftet, jedoch nach wenigen Stunden wieder frei gelassen. Wie es dazu kam, ist unbekannt. Der Résistance gelang es, seine Akte zu vernichten, so dass Levy sich relativ frei bewegen konnte, jedoch weiterhin ständig auf der Hut sein musste. Nach der Landung der Alliierten in Nordafrika drangen immer mehr deutsche Soldaten nach Villefranche vor. Die Familie trennte sich, Alfred Levy fand erneut Zuflucht bei der Bauernfamilie, Sohn Theo kam bei seinem ehemaligen Mathematiklehrer unter, der sich der Résistance angeschlossen hatte, Frau und Tochter retteten sich in ein kirchlich geführtes Altersheim, das auch jüdische Waisenkinder versteckte. Die Tochter hielt den Kontakt zu allen Familienmitgliedern, so dass die Familie unmittelbar nach dem Krieg wieder zusammenfand. Alfred Levy hatte sich bereits in Villefranche dem „Mouvement pour la Libération de la Sarre“ angeschlossen und bot nun der französischen Militärregierung seine Mithilfe beim Wiederaufbau des Justizwesens an der Saar an. Im Februar 1946 kehrte er auf Wunsch der Militärregierung in seine saarländische Heimat zurück und wurde im März zum Direktor am Saarbrücker Landgericht ernannt. Von August 1946 bis November 1956 bekleidete er das Amt des Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts in Saarbrücken.
Alfred Levy starb am 4. Oktober 1962 in Saarbrücken.