Lehmann Eduard

Autoren: Ruth Bauer und Hans-Christian Herrmann

Eduard Lehmann bekleidete von 1946 bis 1962 das Amt des Vorsitzenden der Repräsentanz der Synagogengemeinde Saar und wurde nach dem Tod Alfred Levys zum Vorstandsvorsitzenden der Gemeinde gewählt. Als einziges Mitglied des Vorstandes war er kein gebürtiger Saarländer.

Lehmann zählte in der Völkerbundzeit (1920-1935) zu den exponierten Vertretern der saarländischen Sozialdemokratie und Befürwortern des Status Quo.

Er wurde am 16. September 1882 im westfälischen Warburg als Kaufmannssohn geboren. Lehmann studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Köln. Nach der Großen Staatsprüfung begann er seine Laufbahn beim Amts- und Landgericht in Saarbrücken. Während des Ersten Weltkrieges kämpfte er an der Ostfront. Mit seinem Studienkollegen Dr. Walter Sender baute er nach dem Krieg eine erfolgreiche Anwaltskanzlei in Saarbrücken auf. Lehmann war engagiertes Mitglied der SPD und gehörte von 1919 bis 1935 der Saarbrücker Stadtverordnetenversammlung an. Er engagierte sich in der Kulturpolitik, war Vorstandsmitglied der SPD und im Abstimmungskampf für die Einheitsfront tätig.

Während der Völkerbundzeit vertraten er und Sender häufig Mitglieder und Organisationen der SPD und KPD, ab 1933 zahlreiche der ins Saarland emigrierten Flüchtlinge in Rechtsstreitigkeiten gegen das nationalsozialistische Deutschland. Nach dem Reichstagsbrand beabsichtigte er zusammen mit seinem Sozius Dr. Walter Sender die beiden Kommunisten Ernst Togler und Georgi Dimitroff, die von den Nazis für den Brand verantwortlich gemacht wurden, zu verteidigen. Ihnen wurde jedoch die Einreise nach Deutschland verweigert. Zudem wurde die Übernahme des Mandates mit der Begründung abgelehnt, saarländische Anwälte könnten keine Vertretungen am Reichsgericht übernehmen. Beide beteiligten sich dann an dem in London durchgeführten Gegenprozess, der damals eine Täterschaft der Nazis enthüllte.

Lehmann leitete die „Beratungsstelle für Abstimmungsfragen“ der Einheitsfront im Kampf gegen den Wiederanschluss. Mit der Rückgliederung verlor er seine Zulassung, womit ihm seine Existenzgrundlage entzogen war.

Als exponierter Anhänger des Status Quo verließ er noch in der Nacht der Abstimmung am 13. Januar 1935 mit seiner Frau und den beiden Töchtern Saarbrücken und floh ins Elsass. Bis 1938 hielt er sich in Straßburg auf und baute dort zusammen mit seinem Bruder Julius eine Tourismuswerbeagentur auf. Nach Ausbruch des Krieges verließ die Familie Straßburg und fand in Les-Pothiers-per-Lentigny im Departement Loire auf einem Bauernhof Zuflucht, wo sie sich die nächsten Jahre verstecken konnten. Die beiden Töchter besuchten eine katholische Schule. Die Nonnen führten sie nicht auf ihrer offiziellen Schülerliste, so dass sie die Mädchen hätten jederzeit verstecken können.

Unmittelbar nach Kriegsende kehrte Lehmann nach Saarbrücken zurück, suchte eine Wohnung und holte seine Familie nach. Im Oktober bereits erhielt er seine Neuzulassung als Anwalt. Obwohl er im Prinzip das Pensionsalter schon fast erreicht hatte, wagte er zusammen mit seinem früheren Sozius Walter Sender einen Neuanfang. Von 1946 bis 1956 war er zudem Mitglied des Vorstandes und Vizepräsident der Anwaltskammer. 1957 versuchte er, der sich aus der Politik im Wesentlichen zurückgezogen hatte, in einem „letzten spektakulären Fall“ gemeinsam mit Walter Sender gegen das Verbot der KPD im Saarland mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorzugehen. Der Antrag wurde jedoch abgewiesen. Lehmann soll sich politisch im Unterschied zu Walter Sender der KP zugewandt haben. Bereits 1935 fühlte er sich nach der Saarabstimmung von seinen sozialdemokratischen Genossen zu wenig unterstützt und für nach 1945 steht aus der mündlichen Überlieferung seiner Familie im Raum, dass er KP-Mitglied wurde. Lehmann engagierte sich seit seiner Rückkehr sehr um den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde an der Saar. Dies sei ihm, der zuvor wenig gläubig gewesen sei, nach dem Krieg ein großes Anliegen gewesen, berichtete seine Tochter Eva Stiefel später.

Lehmann war maßgeblich am Bauvorhaben der neuen Synagoge beteiligt und vertrat die Interessen der Synagogengemeinde juristisch. Nach dem Tod Alfred Levys war er von 1962 bis zu seinem Tod 1964 Vorstandsvorsitzender der Synagogengemeinde Saar.

Eduard Lehmann starb am 13. Juni 1964 in Saarbrücken.

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