Rülf, Friedrich-Schlomo

Autoren: Michael Jurich und Marcel Wainstock

Eltern und Geschwister: Vater Jomtoph Rülf, Mutter Hedwig Rülf; Bruder Rudolf Rülf (Zahnarzt), Friedrich Rülf, Bruder George Rülf (Auswanderung nach England) - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Eltern und Geschwister: Vater Jomtoph Rülf, Mutter Hedwig Rülf; Bruder Rudolf Rülf (Zahnarzt), Friedrich Rülf, Bruder George Rülf (Auswanderung nach England) - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Eltern und Geschwister: Vater Jomtoph Rülf, Mutter Hedwig Rülf; Bruder Rudolf Rülf (Zahnarzt), Friedrich Rülf, Bruder George Rülf (Auswanderung nach England) - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf, 1896 in Braunschweig geboren, stammte aus einer Rabbiner-Familie.  Nach dem Abitur studierte er Philosophie, Judaistik und Geschichte, und promovierte 1920 in Erlangen, 1922/23 legte er in Breslau das Rabbinerexamen ab. Während des Ersten Weltkrieges war Rülf als Feldrabbiner an der Westfront eingesetzt. Nach 1918 arbeitete er als Rabbiner in Hamburg und Bamberg, 1929 folgte er dem Angebot, die vakante Rabbiner-Stelle in Saarbrücken anzutreten.

Die Saarbrücker Zeit war für Rülf sehr belastend. Seine Frau Anne starb 1932 an einer Sepsis. Sie ist auf dem jüdischen Friedhof an der Goldenen Bremm in Saarbrücken bestattet. Rülf musste nun drei kleine Kinder allein versorgen. Besonders belastete ihn die politische Entwicklung des Deutschen Reichs und die Machtergreifung Hitlers 1933. Sie war auch im Saargebiet zu spüren, obwohl es damals noch unter Völkerbundmandat stand. Im Mai 1926 war es in Homburg zur Wiedergründung der 1924 von der Regierungskommission verbotenen NSDAP im Saargebiet gekommen. Die Reichs-NSDAP blieb zwar im Saargebiet bis 1935 verboten, die Propaganda aus dem Reich wirkte dennoch auch hier. Jüdische Schülerinnen und Schüler wurden in Saarbrücken von arischen bzw. nichtjüdischen Schülern immer wieder attackiert, von Seiten der Lehrerschaft gab es keine Unterstützung. So veranlasste Rülf 1933/34 nach einem entsprechenden Beschluss der Gemeindeversammlung die Gründung einer jüdischen Volksschule, an welcher er  u. a. auch selbst unterrichtete.

Friedrich Schlomo Rülf im Alter von etwa 78 Jahren. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf im Alter von etwa 78 Jahren. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf im Alter von etwa 78 Jahren. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Aus dem Reich flüchteten damals zahlreiche Juden in das noch nicht zum Deutschen Reich gehörende Saargebiet. Rülf entwickelte rasch ein Bewusstsein der durch die Nationalsozialisten drohenden Gefahren und die neue Dimension dieses Antisemitismus.  Dies bestärkte ihn in seiner persönlichen zionistischen Orientierung, in der Einsicht, sich für den Aufbau eines jüdischen Staates zu engagieren. Angesichts der zu erwartenden Mehrheit für die Rückkehr zu Hitler-Deutschland bei der Volksabstimmung 1935, erkannte er die Notwendigkeit, die jüdischen Menschen an der Saar zu schützen und die Chance, auf internationaler Ebene für einen bestimmten Zeitraum Übergangsfristen auszuhandeln. Rülf  verfolgte dieses Ziel mit großer Beharrlichkeit, u. a. gründete er ein im Geheimen operierendes Komitee mit politisch interessierten und engagierten Gemeindemitgliedern wie Dr. Walter Sender, Irvin Eppstein, Dr. Hugo Steinthal und Eduard Lehmann, die ihn dabei unterstützen sollten. Ergebnis ihres engagierten Einsatzes war das sozusagen in letzter Minute zwischen dem Völkerbund und Hitler-Deutschland ausgehandelte „Römische Abkommen“ (es wurde am 3. Dezember 1934 unterzeichnet und die Abstimmung  über die Rückgliederung an das nationalsozialistisch regierte Deutsche Reich, über deren Ausgang zu diesem Zeitpunkt kein Zweifel mehr bestand, war für den 13. Januar 1935 vorgesehen). Dieses Abkommen schützte nicht nur die jüdischen Menschen vor den diskriminierenden und ausgrenzenden Gesetzen des Reiches, die nun ab dem 1. März 1935 auch im Saargebiet Geltung haben sollten, für die Dauer eines Jahres bis zum 1. März 1936,  sondern auch alle anderen nichtjüdischen Gegner des Nazi-Regimes und garantierte  ihnen die Möglichkeit, das Saargebiet unbehelligt unter Mitnahme ihres gesamten Vermögens und ohne Abgaben zu verlassen und ins Ausland zu emigrieren.

Rülf verließ  am 10. Januar 1935 in Erwartung der drohenden Gefahren Saarbrücken und das Saargebiet und ging mit seiner zweiten Frau Ruth Unna nach Palästina, er hatte sie bei einer Palästina-Reise im März 1933 kennengelernt und Ende des Jahres geheiratet. Dort nahm er den weiteren Vornamen Schlomo an. Rülf arbeitete an der landwirtschaftlichen Schule Mikweh Israel in Cholon, widmete sich dann dem Aufbau des Schulwesens in der deutschjüdischen Siedlung Nahariya und wurde Leiter der dortigen Chaim-Weizmann-Schule. 1951 kehrte Rabbiner Rülf auf Einladung der neugegründeten Synagogengemeinde Saar für ein Jahr nach Saarbrücken zurück und half beim Wiederaufbau des religiösen und kulturellen Lebens der jüdischen Gemeinde. Er hielt die Fest-Predigt bei der Einweihungsfeier der neuen Synagoge am 14. Januar 1951, dem ersten Synagogenneubau auf deutschem Boden nach 1945. Seine Verbundenheit mit dem Saarland blieb über die Jahre bestehen, so wurde durch Spenden des Hilfswerks der Saarjuden 1954 die Saarhalle in Nahariya  errichtet. Auch 1957 und 1961 besuchte er das Saarland. 1964 verfasste er seine Autobiografie „Ströme im dürren Land“. 

Friedrich Schlomo Rülf mit seinen drei kleinen Söhnen 1935 in Israel; (nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Anneliese Rülf, die 1932 an einer Sepsis noch in Saarbrücken verstarb): der Älteste: Izchak (Helmut), Jg. 1925, der Mittlere Joseph, Jg. 1928 und der der Jüngste: Jochanan (Hans), Jg. 1931 - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf mit seinen drei kleinen Söhnen 1935 in Israel; (nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Anneliese Rülf, die 1932 an einer Sepsis noch in Saarbrücken verstarb): der Älteste: Izchak (Helmut), Jg. 1925, der Mittlere Joseph, Jg. 1928 und der der Jüngste: Jochanan (Hans), Jg. 1931 - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf mit seinen drei kleinen Söhnen 1935 in Israel; (nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Anneliese Rülf, die 1932 an einer Sepsis noch in Saarbrücken verstarb): der Älteste: Izchak (Helmut), Jg. 1925, der Mittlere Joseph, Jg. 1928 und der der Jüngste: Jochanan (Hans), Jg. 1931 - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf mit seiner ersten Frau Anneliese Rülf, geb. Neumann und den drei Söhnen: dem Jüngsten Jochanan (Hans) auf dem Arm des Vaters, dem Zweite Joseph auf dem Arm der Mutter und Izchak (Helmut) in der Lederhose. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf mit seiner ersten Frau Anneliese Rülf, geb. Neumann und den drei Söhnen: dem Jüngsten Jochanan (Hans) auf dem Arm des Vaters, dem Zweite Joseph auf dem Arm der Mutter und Izchak (Helmut) in der Lederhose. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf mit seiner ersten Frau Anneliese Rülf, geb. Neumann und den drei Söhnen: dem Jüngsten Jochanan (Hans) auf dem Arm des Vaters, dem Zweite Joseph auf dem Arm der Mutter und Izchak (Helmut) in der Lederhose. - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf als Soldat im Ersten Weltkrieg - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf als Soldat im Ersten Weltkrieg - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Rülf als Soldat im Ersten Weltkrieg - Stadtarchiv Saarbrücken - Foto: Privat

Friedrich Schlomo Rülf starb 1976 in Vevey (Schweiz) während einer Europa-Reise. 1976 wurde er zum Ehrenbürger Nahariyas ernannt.

Im Jahr 1997 stiftete die Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes die Friedrich-Schlomo-Rülf-Medaille, die seitdem jährlich für besondere Verdienste um die jüdisch-christliche Verständigung vergeben wird. Erstmals mit ihr ausgezeichnet wurde der damalige Leiter des Landesarchivs, Professor Dr. Hans-Walter Herrmann.

Die Landeshauptstadt Saarbrücken würdigte Schlomo Rülfs Rolle, indem der am 12. November 2013 eingeweihte neugestaltete Platz vor dem Saar-Center nach ihm benannt wurde.

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