Rothschild, Lothar
Lothar Rothschild wurde am 7. Dezember 1909 in Karlsruhe geboren. 1908 zog die Familie nach Basel. Nach dem Abitur studierte er an der dortigen Universität und am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau sowie an der Hochschule für Wissenschaft und des Judentums in Berlin. Er legte sein Rabbinerexamen ab und promovierte an der Universität Basel 1933. Seine erste Stelle trat er 1934 als Nachfolger von Dr. Friedrich (Schlomo) Rülf in Saarbrücken an, der aufgrund der politischen Umstände nach Palästina emigrierte. Rothschild betreute die wenigen noch nicht emigrierten Gläubigen bis zur endgültigen Auflösung der jüdischen Gemeinde 1938. Sein beruflicher Einstieg war geprägt von der „Abwicklung“ der jüdischen Gemeinde, den Repressionen eines immer stärker werdenden Antisemitismus, den Mühen um die Gründung und Organisation einer eigenen Volksschule, der Sorge um die Zurückgebliebenen, die meist in sozial schwachen Verhältnissen lebten.
Mit Auflösung der Gemeinde kehrte Rothschild 1938 in die Schweiz zurück und engagierte sich dort in der Flüchtlingsfürsorge des Verbandes Schweizerischer Armenpflege in Basel. Von 1940 bis 1968 lehrte er Jüdische Geschichte an den Universitäten Zürich und St. Gallen. Dort betreute er zudem von 1943 bis 1968 als Rabbiner die jüdische Gemeinde. Rothschild war Mitglied des Zentralkomitees des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, Vizepräsident der 1957 gegründeten „Vereinigung für religiös-liberales Judentum in der Schweiz“, Mitbegründer der Zeitschrift „Tradition und Erneuerung“, schrieb zahlreiche Beiträge für die Tagespresse und vor allem für das „Israelitische Wochenblatt“. Zudem war er ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter und begehrter Redner. Das Hebrew Union College in Cincinnati in den USA zeichnete ihn mit der Ehrendoktorwürde aus. Anlässlich seines 60. Geburtstages ehrte ihn die „Vereinigung für religiös-liberales Judentum in der Schweiz“ durch die Festschrift „Forschung am Judentum“.
Aus gesundheitlichen Gründen gab er 1968 seine Lehrtätigkeit auf und legte sein Rabbineramt in St. Gallen nieder. Bis 1974 wirkte er als Rabbiner in Kreuzlingen am Bodensee.
Nach Saarbrücken kam Rothschild nochmals im Januar 1951. Als Ehrengast nahm er an den Einweihungsfeierlichkeiten der neuen Synagoge am 14. Januar 1951 teil.
Lothar Rothschild starb am 27. März 1974 in St. Gallen.